„In Europa brauchen wir eine starke bürgerliche Mitte.“ Er ist sich sicher, das Armin Laschet der nächste deutsche Bundeskanzler wird; würde den Dialog mit der ungarischen Rechten weiterführen, bezeichnet aber die Zusammenarbeit mit der AfD als rote Linie für die CDU: wir sprachen mit Frank Spengler, den früheren Leiter der Parteistiftung der CDU und derzeitigen Berater des Deutsch-Ungarischen Institutes beim MCC.

Wie ist Ihre Geschichte mit Ungarn?

Von 1999 bis 2004 habe ich das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung für Tschechien und die Slowakei geleitet und habe auch in dieser Zeit gut mit den Kollegen in Ungarn zusammenarbeiten können. Ich habe mich immer wohl gefühlt in Zentraleuropa und nach meiner Zeit in Berlin wollte ich unbedingt nach Ungarn kommen. Die Gründe braucht man nicht beim Namen zu nennen, es gibt so viele gemeinsame Ähnlichkeiten und historische Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Darüber hinaus mögen die Ungarn die Deutschen, und das ist nicht überall so.

Leben Sie jetzt wieder in Deutschland?

Ich lebe wieder in meiner Heimat in Nordhessen, in einer sehr schönen Region. Über neun Jahre hinweg habe ich mich in Ungarn sehr wohl gefühlt, und ich habe die Absicht, auch weiterhin regelmäßig nach Budapest zu kommen. Ich bin Berater beim Deutsch-Ungarischen Institut geworden und ich habe auch weitere Verpflichtungen im Land. Ich freue mich, oft nach Budapest und in andere Regionen wie zum Beispiel nach Sopron/Oedenburg oder nach Pécs/Fünfkirchen kommen zu können.

Sie waren über viele Jahre Leiter des Auslandsbüros der Parteistiftung der CDU, der Konrad-Adenauer-Stiftung in Budapest. Sie sind jetzt nicht mehr in dieser Position und inzwischen hat die Fidesz die Europäische Volkspartei verlassen. Was denken Sie über die Entwicklungen?

Die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Volkspartei und der Fidesz hat sich in letzter Zeit sehr unglücklich entwickelt. trotz der schwierigen Situation hätte ich gern einen Kompromiss gesehen, damit die Fidesz nach wie vor in der Volkspartei zusammenarbeiten kann. Letzten Endes ist jedoch eine andere Art der Entscheidung notwendig geworden. Jetzt muss man andere Wege finden, über die der strukturierte politische Dialog fortgesetzt werden kann. Wichtige europäische Themen gibt es genug, mit denen sich verantwortliche Politiker gemeinsam beschäftigen müssen, auch dann, wenn sicherlich oft kritische Konflikte entstehen werden.

Hier geht es weniger im personelle Fragen, sondern vielmehr um Fachfragen um die Zukunft Europas. Und hier ist auch unbedingt die starke Stimme Ungarns gefordert.

Was ist jetzt die Rolle der Persönlichkeiten, die zwischen der CDU, der Europäischen Volkspartei und der Fidesz stehen und die über Jahre hinweg an der Zusammenarbeit mitgewirkt haben?

Zuerst halte ich fest: eines der ungarischen Regierungsparteien, die KDNP ist auch jetzt Mitglied der Europäischen Volkspartei und ihr kommt jetzt eine besondere Vermittlungsrolle zu. Der Einfluss der ungarischen Christdemokraten ist jetzt besonders wichtig und sie müssen sich noch stärker als bisher an den relevanten Foren beteiligen, die dem Dialog und der Entscheidungsfindung dienen. Ich bin mir sicher, dass dadurch alle Freunde der ungarisch-deutschen Beziehungen zum Dialog werden beitragen können. Ich spreche in meinem Namen: ich habe meine eigene Rolle immer als Brückenbauer gesehen. Ich hatte stets die Aufgabe, am Abbau der Gegensätze und nicht an deren Steigerung zu arbeiten.

Dazu gehörte es auch, auf falschen oder einseitigen Informationen beruhende Missverständnisse zu klären und für das Verständnis abweichender Meinungen und Entscheidungen einzutreten. Vielfach bestand die Aufgabe darin, schnell und über informelle Netzwerke zu informieren, Dinge zu klären und Fakten zu prüfen. Als Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung haben wir immer nach dem Dialog gesucht und dazu auch die Partner gefunden. Es haben viele vertrauliche Diskussionen und Hintergrundgespräche stattgefunden, um Misstrauen abzubauen und den Informationsstand zu verbessern. Daher ist es auch wichtig, dass man vor Ort ist und qualifizierte Partner hat. Just mein damaliger Stellvertreter Dr. Bence Bauer – der heutige Leiter des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit – war durch seine Kenntnisse über die ungarische Politik und sein weitläufiges Kontaktnetzwerk eine große Hilfe. Somit hatte ich immer meine Möglichkeiten für den direkten und offenen Dialog mit den ungarischen Entscheidungsträgern. Somit bleibe ich mit Ungarn nach wie vor in Kontakt.

Was ist die Zukunft der Europäischen Volkspartei? Manche Kritiker meinen, dass die Volkspartei ihre konservativen Werte verlassen habe.

Mit Gewissheit können wir die Tendenz feststellen, dass die konservative Komponente in der Europäischen Volkspartei zurückgegangen ist. Die Volkspartei hält sich wirklich für eine Volkspartei. Ich denke, sie kann im Europäischen Parlament dann der nach wie vor stärkste und erfolgreiche Zusammenschluss sein, wenn sie auch ihre konservativen Wurzeln besser pflegt. Aber das hängt auch mit den Einzelpersonen und den Wahlen zusammen, die in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten stattgefunden haben. Ich bin überzeugt, dass wir eine starke bürgerliche Mitte in Europa brauchen, und dazu gehört die Zusammenarbeit mit den konservativen Kräften. Das muss nicht unbedingt innerhalb einer Parteienfamilie stattfinden, es gibt auch andere Formen der Zusammenarbeit.

Es gibt rechte Politiker, wie zum Beispiel Matteo Salvini, die meinen, die Rechte und die Europäische Volkspartei müssten zusammenarbeiten, um gegen die europäische Linke aufzutreten. Halten Sie es für möglich, dass die Europäische Volkspartei und ihre einzelnen Mitgliedsparteien mit den lokalen rechten und konservativen Kräften zusammenarbeiten?

Die Situation ist in allen europäischen Ländern unterschiedlich. Sicherlich gibt es verschiedene nationalen Situationen, in denen man zum Beispiel in Fachfragen Vereinbarungen treffen kann. Ich gehe davon au, dass es solche Möglichkeiten gibt. Aber es gibt auch rote Linien – zum Beispiel gibt es in Deutschland eine Partei, mit der die Christdemokraten nicht zusammenarbeiten.

Die AfD?

Ja. Und es wird auch in Europa solche roten Linien geben.

Die Fidesz beabsichtigt inzwischen, eine neue Parteienfamilie mit Salvini zu gründen – und falls die AfD auch mit dabei wäre?

ich wiederhole: für die CDU gibt es eine rote Linie. Das hat der Kanzlerkandidat, Armin Laschet eindeutig festgehalten: es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD. Nach den Ergebnissen der letzten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt können wir sagen, dass diese Politik sehr erfolgreich ist. Die AfD ist euroskeptisch und betreibt in ihrem neuen Wahlprogramm den Austritt Deutschlands aus der EU. Allein deshalb ist eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht vorstellbar. Und diese Entscheidung wirkt sich auch auf die Zusammenarbeit der CDU mit anderen Parteien auf der internationalen Ebene aus.

In Deutschland gibt es dieses Jahr ein Superwahljahr: nach 16 Jahren tritt Angela Merkel ab. Was denken Sie, wie ist die Bilanz der Merkel-Jahre in Deutschland?

in einer breiten Volkspartei gibt es immer positive und negative Entwicklungen. Es kann nicht immer jedes Parteimitglied seine eigene Meinung in den Parteientscheidungen wiedererkennen. Das ist die Wirklichkeit, aber ein jeder urteilt nach eigenen Kriterien über die Politik der Kanzlerin. Zu den Stärken Merkels gehörte meiner Meinung nach, dass sie Entscheidungen immer ausgewogen und fachgerecht getroffen hat, vor Allem, um den Zusammenhalt der Partei nicht zu gefährden. Sie war sehr pragmatisch und hat mit dieser Einstellung Deutschland über zahlreiche Krisen geführt und viel Anerkennung auf der internationalen Ebene bekommen. Ihre Politikauffassung kann man vielleicht mit ihrem wissenschaftlichen Hintergrund erklären.

Können Sie sich vorstellen, dass eine grün-rot-rote Regierungskoalition die Macht in Deutschland übernimmt?

Dazu fehlt mir die Vorstellungskraft. Dafür sind die inneren Widersprüche dieser Parteien zu groß. Die CDU wird die stärkste Partei und sie wird den Kanzler stellen.

Wie stark sind aktuell die Grünen in Deutschland?

Die Menschen sind umweltbewusster geworden. Die Grünen haben früh auf die Probleme des Wirtschaftswachstums und der Umweltverschmutzung reagiert. Ihnen kam das gut zupass, selbst wenn heute alle demokratischen Parteien Antworten auf diese Probleme geben. Im Übrigen haben die Grünen begonnen, wenn sie in den Bundesländern an die politische Macht gekommen sind, eine eher pragmatische Politik zu verfolgen. So sind sie auch im konservativen Baden-Württemberg erfolgreich geworden, die sie in der Koalition mit der CDU führen.

Und die AfD-Frage: Sie sagten, dass eine Zusammenarbeit mit der CDU nicht möglich sei. Das kann eine politische Antwort sein, aber dessen ungeachtet sind die – teils konservativen – Wähler der AfD noch da: wie lautet die Antwort der CDU darauf?

Die AfD ist immer mehr in Richtung extreme Rechte unterwegs und immer mehr Wähler beginnen, sich bei dieser Partei unwohl zu fühlen. Die Christdemokraten müssen den Weg finden, die gemäßigten Wähler der AfD zur CDU/CSU zurückzuführen. Sie müssen sich überlegen, wie man das Vertrauen dieser Wähler zurückgewinnen kann. Das wird keine einfache Aufgabe werden.

Wie ist Ihre Meinung über den neuen Kanzlerkandidaten der CDU, Armin Laschet?

Laschet ist in einem sehr fairen Wettbewerb Kanzlerkandidat der CDU/CSU geworden, sowohl mit seiner Persönlichkeit, als auch mit seinen Argumenten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit jemand eine Bundestagswahl gewinnt. Unter sehr schweren Bedingungen hat er aus der Opposition die Wahl in einem der wichtigsten Bundesländer, in Nordrhein-Westfalen gewonnen. Ich bin mir sicher, dass Laschet bei der Bundestagswahl ein sehr gutes Ergebnis erreichen wird und danach eine sehr erfolgreiche Regierungsarbeit führen wird. Nach guter christdemokratischer Tradition wird er deutscher Bundeskanzler werden (und lacht).