Zwischen dem 2. bis 4. April 2024 war Prof. Dr. Reinhard Mehring, Professor für Politikwissenschaft und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, zu Gast am Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC).

Mehring gilt als einer der bedeutendsten, in den Augen vieler sogar der bedeutendste, Kenner Carl Schmitts und Schmitt-Forscher. Im Rahmen seines Aufenthaltes in Ungarn traf sich Mehring mit verschiedenen Vertretern und Experten aus den Bereichen der Geschichtswissenschaft, Philosophie sowie dem Stiftungswesen. Am Mittwoch, den 3. April, hielt Reinhard Mehring seinen Vortrag mit dem Titel „Carl Schmitt und Jürgen Habermas über die Verfassung Europas“ in Szeged, gefolgt von einem Anschlussvortrag in Budapest, am 4. April. Die Veranstaltungen wurden von 40 beziehungsweise 70 Personen besucht. Prof. Dr. Reinhard Merkel, Professor Emeritus für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg, moderierte die beiden Veranstaltungen.

Mehring thematisierte in seinem Vortrag die unterschiedlichen, historisch gewachsenen Wahrnehmungen und Bedeutungen nationaler Souveränität und Staatlichkeit in den Ländern Europas. Während die Deutschen nach 1945 und 1989 ihren früheren Nationalismus weitgehend abgelegt und sich in die Rolle des postnationalen „guten Europäers“ geflüchtet hätten, erhofften sich die, dem Sowjetmachtbereich unlängst entronnen, Völker Ostmitteleuropas von der Europäischen Union primär die Garantie der nationalstaatlichen Eigenständigkeit. Daraus folgerte, dass die ostmitteleuropäischen Visegrád-Staaten, sowohl nach dem Ende des Kommunismus als auch dem Beitritt zur Europäischen Union, nicht primär danach strebten den Liberalisierungsvorsprung Deutschlands oder Westeuropas, sondern vielmehr die Etablierung, den Ausbau sowie die Sicherung der eigenen Nationalstaatlichkeit nachholen wollten. Der heutzutage weit verbreitete argwöhnische Blick und erhobene moralische Zeigefinger in Richtung der Visegrád-Staaten sei, laut Mehring, dabei jedoch schon deshalb verfehlt, da sich selbst in Kern- und Gründerstaaten der Europäischen Union der politische Trend oftmals längst gedreht habe. Die traditionellen Parteiensysteme seien weitgehend paralysiert und der sog. Rechtspopulismus sei entweder auf dem Vormarsch oder gar an der Regierung: selbst in Ländern wie Italien, Frankreich oder Holland, aber mit der AfD bekanntlich auch in Deutschland. Im Folgenden führte Mehring in die Weltanschauungen der als ideologische Antipode angesehenen politischen Vordenker und Philosophen Carl Schmitt und Jürgen Habermas ein und verordnete diese im geschichtlichen Kontext. Die gegenseitige Wahrnehmung und Rezeption der beiden Männer sowie ihre Wahrnehmung und Einschätzung supranationaler Organisationen wie des Völkerbundes, der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union kamen ebenfalls zur Sprache.

Im Anschluss an den Vortrag Mehrings folgte im Rahmen beider Veranstaltungen eine Podiumsdiskussion der Professoren Mehring und Merkel, welche anschließend dem Publikum geöffnet wurde.