3 Wochen, 12 Orte, mehr als 600 Teilnehmer und ein gemeinsames Ziel: der ungarischen Öffentlichkeit die deutsche Politik näher zu bringen. So ungefähr lässt sich die landesweite Veranstaltungsreihe des Deutsch-Ungarisches Instituts am Mathias-Corvinus-Collegium (MCC) in Zahlen ausdrücken. Vor einem Monat, am 26. September 2021, fanden in Deutschland Bundestagswahlen statt, die aufgrund der engen deutsch-ungarischen Beziehungen auch in Ungarn gespannt mitverfolgt wurden. Dies bot den Anlass für eine Veranstaltungsreihe des Deutsch-Ungarischen Instituts, im Rahmen derer die Gastprofessoren des MCC die Ausbildungszentren der Talentschmiede auf dem Lande besuchten und Vorträge hielten, die allen Interessierten offen standen. Derzeit halten sich vier deutsche Professoren am Deutsch-Ungarischen Institut auf, wo sie mit Unterstützung des MCC Visiting Fellowship Programmes Lehr-, Forschungs- und Publikationstätigkeiten durchführen.

Am 28. September 2021, zwei Tage nach den Wahlen, reiste Prof. Dr. Zsolt K. Lengyel, Leiter des Ungarischen Instituts der Universität Regensburg, zum Ableger des MCC in der ungarischen Großstadt Miskolc. Im Rahmen seines Aufenthaltes wurde er bei Miskolc TV sowie beim Európa Rádió zu den aktuellen Entwicklungen nach den Wahlen und zu den deutsch-ungarischen Beziehungen befragt. Anschließend lud das MCC zu einer Podiumsdiskussion rund um die deutsche Wahl, die von rund 30, vor allem jungen, Gästen gespannt mitverfolgt wurde. Prof. Lengyel, Sándor Fekete, Dozent an der Universität Miskolc sowie Martin Böhm, Forschungsassistent am Deutsch-Ungarischen Institut, boten kritische Einblicke in die Ära Merkel und die bestimmenden Themen im politischen Diskurs, um daraufhin die Wahlergebnisse näher zu beleuchten.

Nach dem gelungenen Vortrag in Miskolc reiste Professor Lengyel in das südungarische Pécs, zu Deutsch Fünfkirchen, das eines der Zentren der deutschsprachigen Minderheit Ungarns ist. Dort besuchte Lengyel unter anderem das Lenau-Haus, das lokale Kulturhaus der Donauschwaben, und hatte die Gelegenheit, am Weinfest der Gemeinde teilzunehmen. Am Abend hielt Lengyel einen Vortrag im örtlichen MCC-Bildungszentrum, wo er mit István Decsi, dem Kanzler der Universität Pécs, über die Wahlergebnisse in Deutschland diskutierte. Die Veranstaltung wurde auch vom Fernsehen der Stadt Pécs übertragen.

Visiting Fellow Dr. Marc-Michael Blum besuchte Zalaegerszeg und Székesfehérvár, die nächsten Stationen der Veranstaltungsreihe. Erneut waren die deutschen Wahlergebnisse das Hauptthema der Diskussion, aber auch die 16 Jahre Kanzlerschaft von Angela Merkel, die Rolle der Großen Koalition, die Strategien der Parteien sowie die aktuellen Möglichkeiten der Koalitionsbildung. Herr Blum wurde zuvor bei Edelmann Hungary Packaging Zrt. in Zalaegerszeg empfangen, wo er eine Führung durch die Produktionshallen erhielt und anschließend vom stellvertretenden Bürgermeister der Stadt, Péter Gecse, zu einem informellen Gespräch begrüßt wurde. In Székesfehérvár empfing der Bürgermeister der Stadt, Zsolt Lehrner, den Visiting Fellow und führte ihn durch das historische Stadtzentrum, wobei neben den Sehenswürdigkeiten auch die deutschen Städtepartnerschaften von Székesfehérvár zur Sprache kamen. Herr Blum hatte überdies die Gelegenheit, den Vorsitzenden der ungarndeutschen Selbstverwaltung kennenzulernen.

Im Oktober setzte schließlich Prof. Dr. Werner J. Patzelt die Wahltournee in Debrecen fort. Professor Patzelt, der für 28 Jahre Inhaber des Lehrstuhls für Politische Systeme an der TU Dresden war, traf an der Universität Debrecen mit Fachkollegen zusammen und erhielt Einblicke in das ungarische Hochschulsystem. Am Abend bot das Hotel Arany Bika, Sitz des MCC Debrecen, den Ort für die Podiumsdiskussion, bei der Professor Patzelt gemeinsam mit Dr. Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts, und Dr. Levente László Balogh, außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Debrecen, über Deutschland während und nach Merkel debattierten. Nach Debrecen wäre der Professor ursprünglich ins siebenbürgische Klausenburg weitergereist, aufgrund der Pandemielage wurde die Diskussion mit den Klausenburger Studenten des MCC stattdessen online geführt.

Die letzten Stationen der Tournee von Professor Patzelt führten den emeritierten Politikwissenschaftler ins westungarische Szombathely und nach Győr. In Szombathely wurde der Professor vom Bürgermeister der Stadt, Dr. András Nemény, zu einem freundschaftlichen Gespräch empfangen. Am Abend diskutierte Patzelt mit Dr. Csaba Hende, dem stellvertretenden Vorsitzenden für die Gesetzgebung in der Ungarischen Nationalversammlung sowie mit Felix Dörstelman, der Forscher an der Andrássy-Universität zu Budapest ist, über die Wahlergebnisse und die Koalitionsverhandlungen. Bei der Podiumsdiskussion am darauffolgenden Tage in Győr sprachen Dr. Dávid Fekete, Leiter des MCC-Ausbildungszentrums in Győr, Prof. Dr. László Komlósi, Professor an der Doktorandenschule der Széchenyi-István-Universität, und Dr. Bence Bauer, Direktor des Ungarisch-Deutschen Instituts, mit Professor Patzelt vor rund 150 Zuhörern.

Gastprofessor Prof. Dr. Holm Putzke, der neben seiner Tätigkeit als Professor für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Passau auch in der Politik (CSU) aktiv ist, besuchte seinerseits Veszprém unweit des Plattensees sowie die süd- und südostungarischen Städte Szekszárd, Szeged und Békéscsaba. Der Besuch in Veszprém war für Professor Putzke von besonderer Bedeutung, da Veszprém und Passau Partnerstädte sind. Neben der Stadtbesichtigung und dem Abendvortrag traf Professor Putzke mit der stellvertretenden Bürgermeisterin von Veszprém, Dr. Barbara Hegedűs, und dem Vorsitzenden des Freundeskreises Passau, Dezső Englert, zusammen, um über eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit und die Entwicklung der Städtepartnerschaft zu sprechen. Die nächste Station war Szekszárd, wo Professor Putzke im Rahmen des Aufenthaltes die Gelegenheit hatte, unter anderem den Bürgermeister der Stadt Rezső Ács, Katalin Lotz, die Direktorin des Deutschen Theaters Ungarn, sowie Vertreter der örtlichen donauschwäbischen Minderheit kennenzulernen. Am Abend wurde sodann auch in Szekszárd eine Podiumsdiskussion abgehalten. Auf den Besuch in Szekszárd folgte der Besuch in Szeged, wo Professor Putzke zwei Vorlesungen hielt: die erste am Institut für Kriminalwissenschaften vor Jurastudenten der Universität Szeged, am Abend die zweite vor einem großen Publikum im regionalen MCC-Ausbildungszentrum. Die letzte Station der Wahlkampftour war Békéscsaba. Bei der Abendveranstaltung im örtlichen Ableger des MCC wurde Professor Putzke von Krisztián Erdei, dem Kommunikationsdirektor des Mathias Corvinus Collegiums, interviewt. Des Weiteren hatte der Professor die Möglichkeit, das nahegelegene Gyula zu besuchen, wo er mit dem Bürgermeister der Stadt, Dr. Ernő Gyula Görgényi, zusammentraf und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigte.

Die Veranstaltungsreihe "Deutschland nach Merkel" diente einem doppelten Zweck: Einerseits erlaubte sie es dem ungarischen Publikum, ein tieferes Verständnis der deutschen Politik und der deutsch-ungarischen bilateralen Beziehungen zu erlangen. Andererseits bot es auch den Gastprofessoren des Deutsch-Ungarischen Instituts die Möglichkeit, Ungarn, seiner Geschichte und seiner Gesellschaft unmittelbar zu begegnen. Dazu trugen maßgeblich die an jedem Standort der Wahltournee beteiligten externen Experten bei, die den deutschen Gastprofessoren und dem Publikum sowohl die ungarische als auch die deutsche Perspektive näher brachten. Die Veranstaltungen fanden in den jüngst eröffneten ländlichen Zentren des MCC statt, wo neben Programmen für Talentförderung regelmäßig Fachvorträge, kulturelle Veranstaltungen, öffentliche Diskussionen sowie Buchvorstellungen organisiert werden, die allen Interessierten offenstehen.