Am 26. Januar 2022 veranstaltete das Deutsch-Ungarische Institut am MCC gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Ungarn eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Zukunft der deutschen Außenpolitik“. Die im Rahmen der Reihe „Budapest Lectures“ organisierte Veranstaltung wurde auf Englisch abgehalten. Rund 80 Teilnehmer verfolgten das Gespräch im Scruton-Café des MCC, darunter viele Partner des Instituts, Studenten, Akademiker, Diplomaten und Mitglieder der deutschen Gemeinschaft in Ungarn.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Begrüßungsrede von Michael Winzer, dem Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung in Budapest. In der Podiumsdiskussion diskutierte Prof. Dr. Ulrich Schlie, MCC Visiting Fellow und Henry-Kissinger-Professor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, die wichtigsten Trends der aktuellen deutschen Außenpolitik. Das Gespräch wurde von Bence Bauer moderiert. 

Seit der Wiedervereinigung seien markante Richtungswechsel untypisch für die deutsche Außenpolitik gewesen. Vielmehr konzentriere sie sich hauptsächlich auf Konfliktmanagement und Konfliktlösung, so Schlie. Schlie führte das Beispiel Jugoslawienkriege an. Er betonte jedoch auch, dass die Vorhersehbarkeit und Vorsicht der deutschen Außenpolitik im Sinne einer Politik der Stabilität interpretiert werden könnten. Schlie zufolge sei eine solche Strategie auch in Zukunft zu erwarten – in Ermangelung einer langfristigen Strategie werde die außenpolitische Agenda von der Bewältigung aktueller Konflikte dominiert werden, was sich im Hinblick auf die ukrainisch-russische Krise bereits abzeichne. Seiner Analyse nach könnte die Tatsache, dass die Außenministerin über noch wenig diplomatische Erfahrung verfügt, im Hinblick auf das ambitionierte Programm der neuen deutschen Regierung ein Problem darstellen.

Der ehemalige Leiter der Abteilung Politik im Bundesverteidigungsministerium sprach unter anderem über das außenpolitische Profil der CDU sowie die ausstehende mögliche Erneuerung der CDU. Schlie erwartet, dass Friedrich Merz diejenigen nicht enttäuschen werde, die auf eine Neuausrichtung der CDU und eine Stärkung der konservativen Elemente in der Partei hoffen. Unter Merzens Führung werde die CDU eine starke Opposition bilden, meinte Schlie.

An die Podiumsdiskussion anschließend beantwortete Professor Schlie Fragen aus dem Publikum. Gefragt nach der Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen betonte er, dass die bestehende Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich zentral für die Lösung der Probleme in der Europäischen Union sei. Diese Rolle gälte es zu stärken.

Im Hinblick auf den strategischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Aufstieg Chinas erläuterte Schlie, dass die „chinesische Bedrohung“ die USA und die EU zu engerer Zusammenarbeit dränge. Zur Problematik der europäischen Migrationsstrategie verwies Professor Schlie auf einen kürzlich erschienenen Aufsatz von Ivan Krastev, der die Migrationsfrage als „Testfall“ für die Europäische Union bezeichnete. Diesbezüglich werden wir in Zukunft weitere eingehende Diskussionen erwarten können, resümierte Schlie.

Bei einem Empfang im Anschluss an die Podiumsdiskussion konnten die Gäste den Dialog und die Diskussion in informellem Rahmen fortsetzen.