Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Deutschland und Ungarn im Gespräch“ organisierten das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Matthias Corvinus Collegium und die Deutsch-Ungarische Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V. am 17. Januar 2022 einen Vortrag über die Medienfreiheit in Ungarn mit anschließender Podiumsdiskussion. Die Veranstaltung, welche von über 90 Zuschauern live mitverfolgt werden konnte, wurde über Zoom abgehalten.
Nach den Einladungsworten der beiden Gastgeber, Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Institutes, sowie Gerhard Papke, Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft, hielt Boris Kálnoky, Leiter der Medienschule am MCC, seinen Vortrag. Kálnoky führte in die Geschichte der ungarischen Medienlandschaft ein, angefangen von der Ausganglange zur Wendezeit. Der jahrelange Auslandskorrespondent der Welt hob hervor, dass sich mittlerweile eine Ausgewogenheit zwischen regierungskritischen und regierungsfreundlichen Medien eingestellt habe, wenngleich es in den verschiedenen Bereichen bestimmte Ungleichgewichte gibt. Während die meisten Tageszeitungen regierungsfreundlich sind, stehen etwa die meisten Wochenzeitungen der Regierung kritisch gegenüber. Früher dagegen habe es eine klare Dominanz der linksliberalen Medien gegeben. Von einer nicht vorhandenen Medienfreiheit kann schließlich heutzutage gar nicht die Rede sein – auch wenn die Medien in der Regel politisch nicht unabhängig sind, wird keine Einflussnahme auf regierungskritische Medien ausgeübt. Insbesondere die Internet-Medien avancierten zu den Plattformen des öffentlichen Diskurses, wobei vor allem regierungskritische Portale die meisten Besucher verzeichnen. 11 Mio. „Real Users“ der regierungsfreundlichen Online-Medien stehen 13,7 Mio. Zugriffen auf regierungskritischen Seiten gegenüber.
Im Anschluss eröffnete sich dem Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen und verschiedene Aspekte des Impulsvortrages zu kommentieren. Zur Sprache kamen etwa die gesetzliche Lage hinsichtlich der Hassrede im Internet, die Finanzierung von Medien im digitalen Zeitalter und die Herausforderungen des Qualitätsjournalismus. Herr Kálnoky wurde des Weiteren zu seiner Meinung über die Medienlandschaft in den anderen V4-Ländern sowie zum Ungarn-Bild in der deutschen Presse befragt. Kálnoky zufolge würden sich die deutschen Medien nicht nur gegen Ungarn unausgewogen positionieren. Ebenso herablassend werde zum Beispiel über die „faulen Griechen“ oder die wegen des Brexits „dummen Engländer“ geschrieben. Die Deutschen gefallen sich in ihrer Rolle, alleinig Recht zu haben, so Kálnoky. Dabei wurzele dies in der Selbstwahrnehmung der Deutschen, die sich mehrheitlich eher als Europäer denn Deutsche sehen. EU-kritische Töne aus Ungarn werden demnach von den Deutschen konsequent als Angriffe gegen sie selber empfunden, meinte Kálnoky. Das Verständnis für den ungarischen Blickwinkel sei in den vergangenen Jahren daher stark geschrumpft. Hierauf schloss Papke mit einem Plädoyer für mehr Fairness gegenüber Ungarn in der journalistischen Berichterstattung.
Im Rahmen seines Aufenthaltes in Budapest führte Gerhard Papke unter anderem ein Gespräch mit Zoltán Szalai, dem Generaldirektor des Mathias Corvinus Collegium.