Atomwaffen, Chemiewaffen, Biowaffen: Einem kommt womöglich der Gaskrieg des Ersten Weltkrieges oder das Wettrüsten mit nuklearen Sprengkörpern während des Kalten Krieges in den Sinn. Dass Massenvernichtungswaffen kein Relikt der Vergangenheit sind, wurde jedoch in den vergangenen Jahren vermehrt deutlich. Man denke an die Chemiewaffeneinsätze im syrischen Bürgerkrieg, an die neue atomare Gefahr vonseiten Nordkoreas oder an die Bedrohung, die vielleicht in Zukunft von Iran ausgehen könnte. Nicht zuletzt verdeutlichen die Giftanschläge im Fall Skripal und Nawalny, dass ABC-Waffen auch für Attentate verwendet werden können.
Vom 27. Juni bis zum 2. Juli empfing das Deutsch-Ungarische Institut am MCC Herrn Dr. Marc-Michael Blum in Budapest. Blum ist Experte für Massenvernichtungswaffen und Abrüstung. Der promovierte Biochemiker arbeitete unter anderem im Los Alamos National Laboratory und war in seiner Funktion als Wissenschaftler und Leiter des Labors bei der Organisation für das Verbot von chemischen Waffen unter anderem an den Untersuchungen zum Vergiftungsattentat um Sergej Skripal beteiligt. Derzeit leitet er ein eigenes Unternehmen zur wissenschaftlichen Beratung, zudem ist er Visiting Fellow am King’s College in London.
Im Rahmen seines Aufenthaltes traf Blum mehrere Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Sicherheitspolitik, auch war er Gast beim wöchentlichen MCC Podcast. Zur Freude der MCC-Studenten und weiterer Interessierter hielt er ein dreitägiges Blockseminar auf Englisch über Massenvernichtungswaffen und Möglichkeiten der internationalen Kontrolle von ABC-Waffen. Blum erklärte die Funktionsweise solcher Waffen, erörterte den geschichtlichen und politischen Kontext und berichtete aus erster Hand von den Möglichkeiten der Abrüstung, führte in die Welt der Diplomatie der Sicherheitspolitik ein. Auch gewährte er einen Einblick in die hochspannenden Untersuchungen zu verschiedenen Giftanschlägen. Die Interaktivität beim Seminar blieb dabei gewiss nicht aus: Die Studenten zeigten in einer Simulation selber ihr diplomatisches Geschick. Die freiheitliche Bundesrepublik Ungarn und die auf der anderen Seite der Donau befindliche reformsozialistische Ungarische Demokratische Republik stehen sich feindlich gegenüber. Sie besitzen Massenvernichtungswaffen, bei deren Einsatz Millionen von Ungarn sterben würden. Wie rüstet man ab? Wer ist beteiligt an solchen Gesprächen? Die Studenten erfuhren dies am eigenen Leibe, als sie in zwei Verhandlungsgruppen eingeteilt wurden und sich plötzlich in der Rolle eines Verteidigungsministers oder Diplomaten wiederfanden.
Dem Seminar folgten ausgesprochen positive Rückmeldungen. Daher ist es uns eine besondere Freude, dass Dr. Marc-Michael Blum im September als Visiting Fellow am MCC lehren wird.