Der Euro wurde am 1. Januar 1999 eingeführt und wird heute von mehr als 337 Millionen Menschen in 19 EU-Ländern als offizielle Währung verwendet. Ein solches gemeinsames Zahlungsmittel kann viele Vorteile für eine Wirtschaftsunion mit sich bringen, aber der Euro wird dennoch wegen seiner politisch aufgeladenen Einführung oft kritisiert. Dr. Dominik Geppert, Professor für Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Universität Potsdam, hielt, auf Einladung des Deutsch-Ungarischen Instituts, am 31. März 2022 im MCC Scruton Café vor etwa 60 interessierten Teilnehmern einen Vortrag über die historischen und politischen Hintergründe der Einführung des Euros sowie die Auswirkungen der gemeinsamen Währung auf die europäische Wirtschaft.

Professor Geppert ist der Autor zahlreicher Monografien und wissenschaftlicher Abhandlungen u.a. über das Werk von Margaret Thatcher, Konrad Adenauer, die deutsche Außenpolitik im 19. und 20. Jahrhundert und die großen wirtschaftlichen Fragen des heutigen Europas. Geppert, der seit 2018 Präsident der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien ist, begann seinen Vortrag mit einem Überblick über die wichtigsten strategischen Triebkräfte für die Entstehung der gemeinsamen europäischen Währung.

Dazu gehören unter anderem der Wunsch nach einer Vertiefung der deutsch-französischen Verständigung, die Notwendigkeit, die wirtschaftliche und monetäre Vorherrschaft der Bundesrepublik Deutschland in Europa zu begrenzen und das Anliegen Wechselkursrisiken zu minimieren, um das Wirtschaftswachstum und den Handel innerhalb Europas zu stärken. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Währung war die Schaffung eines europäischen Gegengewichts zum, als globale Leitwährung fungierenden, US-Dollar. Mit ihrer Hilfe kann der europäische Kapitalverkehr dann in einer volatilen Währungswelt auf ein berechenbares und belastbares Fundament gestellt werden.

In seinem Vortrag ging Herr Geppert ebenso auf das Bretton-Woods-System und dessen Zusammenbruch, sowie den 1970 vorgelegten Werner-Plan, der schon damals die Schaffung einer gemeinsamen Währung zum Ziel hatte, ein. Dieser Plan konnte jedoch, wie der Professor erklärte, nicht erfolgreich durchgesetzt werden. Darüber hinaus sprach er über die „glückliche Kindheit“ und „schwierige Jugend“ des Euros, wobei er auf die Finanzkrise von 2008 und die daraus resultierende globale Wirtschafts- und Eurokrise hinwies.

Bezüglich des Corona-Bonds, die zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie ins Leben gerufen wurde, betonte er, dass sie politisches Konfliktpotential in sich tragen. Seiner Ansicht nach könnte die Herausgabe einer gemeinsamen Anleihe zu Spaltungen sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den "sparsamen Vier" und anderen Mitgliedstaaten führen. Auf die Frage der Veranstaltung, ob der Euro eine Zukunft hat, antwortete er: „auf absehbare Zeit, ja“, da kein politischer Akteur den wirtschaftlichen oder politischen Schaden eines Austritts aus dem Euro auf sich nehmen würde. Diesbezüglich skizzierte er drei mögliche Szenarien: den französischen, den deutschen Weg sowie den sogenannten großen deutsch-französischen Tauschhandel.

Es gab viele Fragen aus dem Publikum zur Geschichte und Zukunft der gemeinsamen Währung, zum Beispiel warum Großbritannien der Währungsunion nie beigetreten ist und warum wir nur von einer Währungs- und nicht von einer Fiskalunion sprechen können. Darüber hinaus wurde die Frage aufgeworfen, wie sich die derzeitige hohe Inflation auf die Zukunft des Euroraums auswirken könnte und welche Rolle der Prozess der deutschen Wiedervereinigung bei der Schaffung der gemeinsamen Währung spielte. Auf die Präsentation und die anschließende Fragerunde folgte ein Stehempfang im Rahmen eines informellen Gedankenaustausches über die Zukunft des Euro.

Während seines Besuchs in Budapest begegnete Professor Geppert zahlreichen Vertretern des politischen und akademischen Lebens. Er traf sich unter anderem mit Ibolya Hock-Englender, der Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, dem ungarndeutschen Abgeordneten der Ungarischen Nationalversammlung Emmerich Ritter, István Kiss vom Danube Institute, Prof. Dr. Gergely Deli, dem Rektor der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst und der Prorektorin der Andrássy Universität in Budapest Prof. Dr. Ellen Bos. Des Weiteren traf er sich mit Michael Winzer, dem Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, sowie Péter Törcsi vom Zentrum für Grundrechte und hatte im Rahmen der Wirtschaftsdelegation von Dialog Ungarn auch ein Gespräch mit dem Deutschen Botschafter in Ungarn Johannes Haindl. Bei einem gemeinsamen Mittagessen am 31.03.2022 bot sich für Herrn Geppert ebenfalls die Möglichkeit mit Dr. Boglárka Ballester-Bólya, der stellvertretenden Staatssekretärin für EU-Angelegenheiten im Justizministerium, Dr. Ernő Schaller-Baross, Mitglied des Europäischen Parlaments, Michael Winzer, dem Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dániel Landeck, Direktor des Brüsseler Büros der Stiftung für ein bürgerliches Ungarn und Renáta Fixl, der Geschäftsführerin der Hanns-Seidel-Stiftung in Budapest, ins Gespräch zu kommen.