Vom 26. bis 30. November 2023 nahmen zehn MCC-Studenten an einer viertägigen fachlichen Studienreise nach Dresden teil, die vom Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC) organisiert wurde. Nach ihrer Ankunft in der sächsischen Landeshauptstadt war der erste Höhepunkt der Reise ein Abendessen mit Prof. Dr. Werner Patzelt, emeritierter Professor der Technischen Universität Dresden und Forschungsdirektor des MCC Brüssel. In seinem Impulsvortrag skizzierte Professor Patzelt die wichtigsten historischen Hintergründe der Stadt Dresden, von allgemeinen Informationen, Sehenswürdigkeiten und Attraktionen bis hin zur Zeit der sowjetischen Besatzung und der anschließenden Wiedervereinigung. Anschließend ging er auf die heutigen Herausforderungen der deutschen Wirtschaftspolitik, die Situation der Migration in Deutschland und die deutsch-ungarische Zusammenarbeit ein.

Das erste Programm am Montag führte die Studenten an die Technische Universität Dresden, wo Prof. Dr. Ulrich Fröschle, Professor für Medienwissenschaft und Neuere Deutsche Literatur, eine Führung über die Geschichte der Universität Dresden und Einblicke in die Herausforderungen an die Wissenschaftsfreiheit gab, gefolgt von einer morgendlichen Besichtigung eines der berühmtesten Gebäude Dresdens, der Frauenkirche. Der Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kirche begann nach der deutschen Wiedervereinigung und wurde 2005 abgeschlossen, so dass sie nun in ihrer vollen Pracht im Zentrum des Neumarkts steht. Während des Besuchs konnten die Studenten auch Ausstellungen über die Geschichte der Kirche und den Wiederaufbau in der Unterkirche besichtigen. Am Nachmittag hatten die Studenten bei ihrem Besuch in der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) die Gelegenheit, mit Ronny Dirk Heine, dem Leiter des sächsischen Büros der CDU-nahen Stiftung, zu sprechen. Heine betonte die wichtige Rolle der KAS bei der Unterstützung der Wertevermittlung der CDU, vor allem bei der Information der Bürgerinnen und Bürger, und skizzierte die Aussichten für die Landtagswahl im nächsten Jahr. Die MCC-Stipendiaten stellten auch Fragen zur Migrationspolitik auf nationaler wie EU-Ebene. Anschließend hatte die Gruppe die Gelegenheit, sich mit Dr. Jens Baumann, dem sächsischen Beauftragten für Vertriebene und Spätaussiedler, auszutauschen. Dr. Baumann stellte seine Arbeit vor und sprach über den Begriff „Heimat“ und die fast 150.000 in Sachsen lebenden Vertriebenen und Spätaussiedler. Er sprach auch über die Bedeutung der sächsischen Minderheiten- und Integrationspolitik mit Blick auf die autochthonen Sorben, denn, so Dr. Baumann, „Heimat ist ein Grundbedürfnis“. Beim anschließenden Abendessen mit Frank Möhrer, dem ehemaligen Geschäftsführer des MDR, wurde über den Wandel des Medienkonsums, die Bedeutung der Printmedien und die Situation der öffentlich-rechtlichen Medien diskutiert. Im Gespräch erfuhren die Studentinnen und Studenten etwas über die Funktionsweise der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF sowie über die Besonderheiten der Rundfunkgebührenpflicht. In einem Kulturprogramm am Montagabend sahen die Studierenden außerdem die Aufführung von „Wer hat an der Welt gedreht“ des Kabarett Distel in der Herkuskeule. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs spielt die Distel in der ostdeutschen Gesellschaft eine Rolle als Forum für die Auseinandersetzung mit ideologischen Differenzen. Dementsprechend wurden in diesem Stück auch aktuelle politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorgänge auf humorvolle Art und Weise thematisiert.

 

Am Dienstag ging es zunächst in die Sächsische Staatskanzlei, wo die Studentinnen und Studenten ein lebhaftes Gespräch mit Dirk Diedrichs, dem Beauftragten der Landesregierung für Großinvestitionen in Sachsen, führten. Die Jugendlichen erfuhren interessante Details über die Arbeitsweise der Staatskanzlei sowie über die sächsische Wirtschaftsgeschichte und aktuelle vorrangige Investitionsprojekte. Herr Diedrichs betonte, dass die internationalen Beziehungen eine wesentliche Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes spielen. Beim nächsten Treffen trafen die Studenten Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Professor für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Prof. Kroll hielt einen Vortrag über die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Deutschland der Gegenwart, sprach über die deutsche Einwanderungs-, Klima- und Sozialpolitik und hörte sich mit Interesse die Erkenntnisse und Erfahrungen der Schüler an. Anschließend tauschten sich die Studierenden im Sächsischen Landtag mit Markus Scholz, der Abgeordneter von Bündnis90/Die Grünen ist, aus. Scholz ist Beauftragter der Grünen für Gesundheit, Soziales und Queerpolitik im Sächsischen Landtag. Im Gespräch ging es unter anderem um die Regelung der Organspende in Deutschland, die Zusammenlegung von Krankenhäusern und den Gegensatz zwischen Nachhaltigkeit und Konsumismus. Der Grünen-Politiker verriet auch, dass neben bundespolitischen Themen vor allem der Zustand des Gesundheitssystems und der Lehrermangel in Sachsen aktuell heiß diskutiert werden. Nach diesem Termin stand ein Gespräch mit dem Sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth (CDU) auf der Tagesordnung. Der ehemalige Sächsische Justizminister sprach in einem lockeren Meinungsaustausch über die Herausforderungen der letzten Jahre und die Perspektiven aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen. Er erzählte mit großer Begeisterung von den Maßnahmen, die sein Büro vorgenommen habe, um Ausländern, die nach Sachsen kommen, das Leben ein wenig zu erleichtern. Anschließend hatte die Gruppe die Gelegenheit, die Gemäldegalerie „Alte Meister“ im Semperbau im Zwinger zu besuchen. Neben Raffaels Sixtinischer Madonna wurden den Studenten Werke von Botticelli, Correggio, Tizian und vielen anderen berühmten Künstlern aus den wichtigsten Epochen der europäischen Kunstgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts gezeigt. Am Abend trafen die Studierenden beim Abendessen Antje Hermenau, ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen, die ihre Lebensgeschichte schilderte, wie sie von einer Sprachlehrerin in den 1990er Jahren zu einem der Gründungsmitglieder der örtlichen grünen Partei geworden war und was sie später dazu gebracht habe, die Partei zu verlassen. Sie sprach auch über globale wirtschaftliche, politische und soziale Trends und wie sie Deutschland und seine geopolitische Lage beeinflussten.

Den Mittwoch begann die Gruppe mit einem Zusammentreffen mit Prof. Dr. Roland Wöller (CDU), Landtagsabgeordneter und ehemaliger Staatsminister für Inneres. Die MCC-Studenten gewannen neue Erkenntnisse vor allem zu aktuellen bundes- wie landespolitischen Themen, aber der Wirtschaftsprofessor sprach mit ihnen auch über Inflation, den demografischen Wandel, der die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen stellt, und teilte seine Gedanken zu einem der umstrittensten Themen unserer Zeit, der Migration. Im Anschluss an die Diskussion besuchte die Gruppe das Landeskirchenarmt der Evangelischen Landeskirche Sachsens (EVLKS), wo die Studenten vom stellvertretenden Bischof Dr. Thilo Daniel in der Bibliothek zu einem Gespräch empfangen wurden, in dem es um den Rückgang der Mitgliederzahlen der christlichen Kirchen in Ostdeutschland und die Herausforderungen ging, denen sich die Kirchen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine und von außerhalb Europas gegenübersehen.

Anschließend traf die Gruppe an der Technischen Universität Dresden auf Prof. Dr. Michael Beckmann, Direktor des dortigen Instituts für Verfahrens- und Umwelttechnik, der einen Inputvortrag über die energiepolitischen Herausforderungen in Deutschland und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen hielt.  Darüber hinaus erhielten die Studierenden einen Einblick in die Schwierigkeiten und Risiken der Energiewende, für die in vielen Fällen noch keine praktikablen Lösungen entwickelt wurden. Den Nachmittag verbrachte die Gruppe in Meißen gemeinsam mit Dr. Matthias Rößler, dem Präsidenten des Sächsischen Landtags. In Meißen wurden sie vom Direktor des Landesgymnasiums St. Afra, Stefan Weih, empfangen, und diskutierten mit den Schülern des Politikleistungskurses über die Zukunft der Europäischen Union. Dabei erörterten sie mit den ungarischen Studenten, ob eine gemeinsame europäische Armee gerechtfertigt sei. Im Anschluss an die Diskussion wurde die Gruppe im Dom zu Meißen vom dortigen Superintendenten Andreas Beuchel empfangen, der einen Vortrag über die Geschichte und Kunst der Kirche hielt. Die Gruppe erhielt auch eine Führung durch das andere Wahrzeichen der Stadt, die Albrechtsburg, welche von Falk Dießner, dem stv. Direktor des ersten Schlosses Deutschlands, vorgestellt wurde. In den sehr gut erhaltenen und wunderschön restaurierten Räumen des Schlosses entdeckte die Delegation einzigartige architektonische Meisterwerke, die für die damalige Zeit höchstinnovative bauliche Lösungen waren und die die Struktur des Schlosses seit Hunderten von Jahren definieren. Das Schloss wurde später in eine Porzellanfabrik umgewandelt und um weitere Gebäude ergänzt, ist aber seit Ende des 19. Jahrhunderts ein Museum. Die schönen Bögen, Wandmalereien und Wendeltreppen des Gebäudes verzauberten die Schüler ebenso wie die Weihnachtsbeleuchtung und die verschneiten Dächer der kleinen Stadt.

Auf dem Rückweg von Meißen besuchte die Gruppe zum Abschluss der Exkursion die Sächsische Landeszentrale für Politische Bildung. Deren Leiter Dr. Roland Löffler erläuterte die Aktivitäten der Landeszentrale, deren Hauptziel es ist, junge Menschen im Freistaat Sachsen mit den politischen Institutionen in Deutschland und der Europäischen Union vertraut zu machen und die Bedeutung demokratischer Werte zu fördern. Die wichtigsten Instrumente ihrer Bildungsaktivitäten, die für alle Altersgruppen zugänglich sind, sind Veranstaltungen und Veröffentlichungen zu verschiedenen Themen, über die die Schüler bei einem Besuch in der Bibliothek mehr erfahren konnten. Zudem hatten sie die Möglichkeit, einige der Publikationen auszuwählen, die ihnen gefielen.

Die Studienreise wurde mit einem Besuch auf dem Striezelmarkt, dem ältesten Weihnachtsmarkt in Deutschland, abgerundet.