Vor dem Hintergrund der im Herbst stattfindenden Bundestagswahlen organisierte das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium am 27. April einen auf Zoom übertragenen Online-Vortrag des renommierten Politikwissenschaftlers Werner J. Patzelt, Professor emeritus an der Technischen Universität Dresden. Patzelt wird zudem ab Herbst Visiting Fellow am MCC sein. An der Online-Veranstaltung nahmen 85 Personen teil, darunter zahlreiche Vertreter aus Wissenschaft, Diplomatie, Politik und Bürgergesellschaft.

Professor Dr. Patzelt wies bereits am Anfang auf die besondere Bedeutung dieser Wahl hin, die wohl nicht nur vier Jahre lang die Bundesrepublik prägen werde, sondern auch auf Längere Sicht. Sein Vortrag war in drei Kernfragen gegliedert, an denen sich orientierend er den Zuhörern eine Reihe von klaren Analysen bot. Den Auftakt machte die Frage „Wer wird Bundeskanzler sein, und in welchem Bündnis?“. Patzelt machte keinen Hehl daraus, dass die CDU mangels ihrer konservativen Inhalte eine Vielzahl der Wähler vor allem in Ostdeutschland an die AfD verliere, und zugleich klassische Positionen der Grünen übernahmen. Die Grünen wiederum wollen regieren und werden dies ab dem Herbst auch tun, ob mit oder ohne die CDU.

Das zweite zentrale Thema, an dem sich Patzelt der Bundestagswahl annäherte, waren die Konflikte der deutschen Gesellschaft und die hiermit verbundene Umschichtung des Parteiensystems. Der Kern der Frage ist hierbei, wie die verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Parteien mit dem Konzept des Nationalstaates weiter umgehen sollten. Hierbei trenne sich die Gesellschaft in die „Anywheres“, den am treffendsten von den Grünen vertretenen Globalisten –der neuen Elite–, und den „Somewheres“, denen, die an die Heimat gebunden sind, also in erster Linie die „kleinen Leute“ und die Arbeiter. Während die CDU immer noch eine Partei der „kleinen Leute“ sei, es aber nicht mehr sein möchte, sondern stattdessen modern und städtisch wie die Grünen, avancierte die AfD zur neuen politischen Heimat der Arbeiter.

Patzelts Vortrag endete schließlich mit einem Ausblick auf den Politikstil der nächsten zehn Jahre. Bestimmt wird dieser bereits gegenwärtig durch die moralische Empörung, das Werturteil löst das Argument, die Sachaussagen ab. Einen Grund zur Hoffnung sieht Patzelt in der Nominierung von Armin Laschet als Kanzlerkandidaten der CDU/CSU, da dieser für den rationalen Diskurs stehe, für Inhalte, welche letztendlich wichtiger seien als ein Populismus in der Form, die Söder vertrat. Patzelt rundete seinen Vortrag mit einer Nennung jener wichtigen, noch ausstehenden Faktoren ab, welche die Wahl beeinflussen werden, zu denen etwa die Corona-Politik oder die Rolle der Medien beim Umgang mit Frau Baerbock gehören.

Im Anschluss konnte das Publikum viele Fragen an dem Referenten richten, wo das Verhältnis der CDU und CSU, des deutsch-ungarischen Verhältnis und die Rolle von Friedrich Merz thematisiert wurde.