„Mit 35 Jahren wurde er zum jüngsten Ex-Kanzler der österreichischen Politgeschichte. Ermittlungen wegen Inseratenkorruption und Umfragefälschungen hängen über seiner Karriere. So ist die Person Sebastian Kurz auch heute noch Ausgangspunkt für viele Kontroversen: Seine Unterstützer und Wegbegleiter sind überzeugt von seiner Unschuld und Politik - seine Gegner vom Gegenteil. Ein kritischer Blick hinter die Kulissen eines der polarisierendsten Politikers Europas. Kritisiert, bejubelt, verachtet, bewundert.”
Mit diesen Worten präsentiert sich der neue Dokumentarfilm „KURZ – der Film”, der im Herbst 2023 in den österreichischen Kinos anlief, der Öffentlichkeit. Anhand von Experteninterviews zeichnen die Regisseure 10 Jahre bewegte politische Karriere des jüngsten Bundeskanzlers der österreichischen Geschichte nach. Am 8. November 2023 feierte der Film im Nationalen Filmtheater Uránia in Budapest seine Ungarnpremiere, zu deren Anlass nicht nur das Produzententeam, sondern auch Sebastian Kurz selbst im Rahmen einer Podiumsdiskussion anwesend waren. Der Film wurde im Originalton mit ungarischen Untertiteln vor einem Publikum von rund 350 Leuten ausgestrahlt. Die Veranstaltung wurde vom Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit in freundlicher Unterstützung von Pongo Film und Opus R organisiert.
Zoltán Szalai, Generaldirektor des Mathias Corvinus Collegiums, verwies in seiner Begrüßungsrede auf die traditionsreiche österreichisch-ungarische Freundschaft. Ferner wies er mit Nachdruck auch auf das große Interesse für Kurz, seine bewegte Kanzlerschaft und die Politik des „Schwagers“ Österreich in Ungarn hin, was der vollbesetzte Kinosaal nachdrücklich verdeutlichte.
Im Anschluss hielt Michael Reisch, Produzent des Films, ein Grußwort. Daraufhin folgte die Vorführung der 90-minütigen Dokumentation in ihrer ungarischen Erstausstrahlung.
Es knüpfte eine Podiumsdiskussion an, zu welcher neben Bundeskanzler a.D. Sebastian Kurz noch Andor Nagy, ehemaliger ungarischer Botschafter in Wien, sowie Zoltán Szalai geladen waren. Das Podium wurde von Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts moderiert. Botschafter Nagy betonte die Bedeutung von Narrativen in der Politik sowie die Dimension des Menschlichen, die im Film sehr gut zum Tragen gekommen seien. Kurz hob hervor, dass die Politik sowohl eine sehr „schöne als auch anstrengende” Aufgabe gewesen sei: „Es war ein großer Segen, dass wir 2017 die Wahlen gewinnen konnten. Das ist in Österreich für Konservative nicht gewöhnlich.” Die produktive Regierung mit der FPÖ sei leider durch die sogenannte Ibiza-Affäre viel zu früh unterbrochen worden. Die nachfolgende Regierungskoalition mit den Grünen sei nicht immer einfach gewesen. Dennoch, so ergänzte Nagy, sei gerade Kurz als junger Bundeskanzler bei den Diplomaten und Medien durch seine offene Kommunikation stets sehr beliebt gewesen.
Im Folgenden widmete sich das Podium den politischen Entwicklungen in Österreich und Europa. Kurz sprach über die Gefährdung der Demokratie durch Diskursverengung, welche die Grenzen des Sagbaren und Machbaren auch entgegen den Maßstäben der Gerechtigkeit einengen würde. Weiterhin mahnte er eine gewisse Tendenz an, die Instrumente der Justiz zunehmend für politische Zwecke zu missbrauchen, um Politiker in Rechtfertigungsdruck zu bringen. Die Diskurse würden sich wandeln von Debatten um gute Konzepte und Ideen zu ständig andauernden Rechtfertigungsdebatten.
„Der äußere Anstrich war eigentlich weniger relevant, als der inhaltliche“ – kommentierte Kurz seine erfolgreichen Wahlkampagnen und die Wandlung der Volkspartei von schwarz zu türkis. Man habe die ÖVP stark für verschiedene Menschen aus allen Lebenslagen und Fachbereichen außerhalb der Politik geöffnet und klarere Themen und Programmpunkte formuliert, die zwar auf viel Kritik, aber umso mehr Zustimmung beim Wähler gestoßen seien. Auch schien die Person des jungen Bundeskanzlers wie auch sein innovativer Stil und Programm über die österreichischen Landesgrenzen hinaus zu strahlen. Auch für die ungarische Politik sei Österreich ein Vorbild und Referenzwert gewesen, so in der Corona-Politik.
Umgekehrt, so Kurz, sei auch Ungarn, beispielsweise im Thema Migration, ein guter Partner gewesen, dessen starke Meinung immer mehr zum europäischen Konsens werde: „Die Politik, die die Menschen einlädt nach Europa zu flüchten, führt nicht zu weniger, sondern im Endeffekt zu mehr Toten.“ Das spiele den Schleppern in die Hände und verschlimmere das Leid im Mittelmeer nur.
Ferner sei leider auch viel Antisemitismus importiert worden. Dies würde immer mehr europäischen Staaten klarwerden. Szalai und Nagy betonten im Kontext des jüngsten Konflikts in Israel die große Verantwortung und Verbundenheit Ungarns mit dem Judentum und Israel. Ungarn stehe klar mit Israel, was sich auch in seinem strategischen Abstimmungsverhalten in der UN-Generalversammlung widergespiegelt habe. Dort hatte Ungarn, gemeinsam mit Österreich, Tschechien und elf weiteren Staaten, im Sinne Israels gegen eine Resolution über eine „sofortige Waffenruhe“ für Gaza gestimmt. Deutschland hingegen habe sich aus taktischen Gründen enthalten und es damit verpasst ein klares Zeichen zu setzen, so die Diskutanten einhellig. Deutlich kritisierten alle Teilnehmer die Terrorangriffe auf die Juden und zeigten sich erschrocken über die große Sympathie vieler, unter anderem migrantischer, Demonstranten mit der Hamas und den damit verbundenen Israelhass. Kurz fügte hinzu: „Eines muss klar sein, dass Terrorismus nie zu rechtfertigen ist.“