Im Sommersemester 2023 organisierte das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit erneut seine bewährte Fachstudienreise, diesmal in die bayerische Landeshauptstadt München. Ziel dieser Studienreisen ist es, deutschsprachige und an Deutschland interessierte ungarische Studierende mit der politischen Willensbildung, dem öffentlichen Leben, sowie dem akademischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben des Landes vertraut zu machen. Vom 19. bis 23. Juni 2023 hatten unsere Studierenden die Möglichkeit, sich ein umfassendes Bild von Bayern und den bayerisch-ungarischen Beziehungen zu machen.

Die Studiengruppe wurde von den Mitarbeitern des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit begleitet, dem Direktor Bence Bauer, der stellvertretenden Direktorin Kinga Dörstelmann-Fodor, der Projektkoordinatiorin für Kommunikation und Begabtenförderung Tünde Darkó, dem Projektkoordinator für Forschung, Martin Josef Böhm, sowie dem Projektassistent für Forschung Alexander Rasthofer.

Die Delegation begann die Woche am Montag, den 19. Juni, mit der Präsentation des Buches „Ungarn verstehen: Geschichte – Staat – Politik” von Prof. Dr. Werner J. Patzelt, erschienen im Langen Müller Verlag. Das Erscheinen des Buches kann als ein Meilenstein in der aktuellen Entwicklung der deutsch-ungarischen Beziehungen bezeichnet werden, da der Autor Ungarn vor der Recherche und dem Verfassen des Buches nur durch die deutschen Medien kennen lernen konnte, durch eine Linse also, die ein teils verzerrtes und schiefes Bild unseres Landes vermittelt, aber er dennoch versucht hat, im Rahmen seiner Nachforschungen vor Ort eine möglichst objektive, argumentative und umfassende Darstellung zu präsentieren.

Schon bei der Ankunft wurde das große Interesse an dem Buch und dem Thema deutlich, denn etwa 100 Personen kamen, um die Präsentation des neu erschienenen Buches von Prof. Patzelt zu verfolgen. Michael Fleißner, Geschäftsführer des Langen Müller Verlages sowie Dr. Zoltán Szalai, Generaldirektor des Mathias Corvinus Collegiums (MCC), begrüßten die Gäste persönlich und Prof. Patzelt berichtete – nach einer inhaltlichen Einführung von Dr. Alexander Grau, Journalist, Autor und derzeit Visiting Fellow am Deutsch-Ungarischen Institut –  im anschließenden Podiumsgespräch ausführlich über die Entstehung des Buches, so, was ihn motiviert habe, wie er das Thema recherchiert habe und welche Themen das Buch zusammenfasse. Patzelt ist ein renommierter deutscher Politikwissenschaftler und ehemaliger Professor an der Technischen Universität Dresden, hat aber auch in Paris und Moskau gelehrt. 2021 bis 2022 war er u.a. im Rahmen der Recherchen seines Buches Visiting Fellow des MCC am Deutsch-Ungarischen Institut.

Der Erfolg der Präsentation zeigte sich darin, dass es neben dem großen Interesse auch zahlreiche Fragen vonseiten des Publikums gab. Besonders interessant war, dass sich das Buch zwar an die deutsche Bevölkerung richtete, aber auch die seit langem in Deutschland lebenden Ungarn ansprach, die ebenfalls zahlreich erschienen waren. Am Ende des Abends hatten die Zuhörer bei einem kleinen Stehempfang die Gelegenheit, ihre Meinungen und Erfahrungen auszutauschen.

Die Studienfahrt begann den zweiten Tag am 20. Juni bei der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Die deutsche politische Stiftung wurde 1966 gegründet und ist nach Hanns Seidel, einem ehemaligen Vorsitzenden der CSU (Christlich-Soziale Union, die Christdemokraten in Bayern) und ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten benannt. Ziele der Stiftung sind die politische und staatsbürgerliche Bildung, die Förderung der Demokratie, die Förderung der Deutschen entlang christlicher Werte und nicht zuletzt die Förderung des internationalen Dialogs und der Entwicklungszusammenarbeit. Zu diesem Zweck unterhält sie in mehreren Ländern, darunter auch Ungarn, Büros, um die Zusammenarbeit und das Verständnis für die deutsche Perspektive zu fördern. In der Geschäftsstelle wurde die Gruppe von Dr. Wolf Krug, dem Leiter des Instituts für Europäischen und Transatlantischen Dialog der Stiftung, empfangen. Nach einer Darstellung der Aktivitäten und des Engagements der Stiftung ergriff Dr. Gerhard Hirscher, Leiter der Abteilung Grundlagen der Demokratie, Parteienentwicklung, Wahlforschung der HSS, das Wort. Im ersten Teil seiner Präsentation wurde das Abschneiden der Parteien bei den Wahlen dargestellt und mögliche Gründe für dieses Abschneiden genannt. Er gab auch einen Einblick in die jüngsten Koalitionen und die verschiedenen politischen Schritte der Parteien. Es wurden aktuelle politische Themen angesprochen und Statistiken herangezogen, um den Fokus und die Erwartungen verschiedener Gruppen in der Gesellschaft zu veranschaulichen. Anhand dieser Daten konnte man sich ein Bild davon machen, inwieweit die Parteien in der Lage sind, diese Themen anzugehen. Schließlich wurden die Zukunftsperspektiven der CSU und die möglichen Schlüssel zu ihrem Erfolg vorgestellt.

Anschließend besuchte die Studentendelegation Tutzing, eine ländliche Region, die sich bei der berühmten ungarischen Königin Sisi großer Beliebtheit erfreute. In Tutzing wurde die Delegation von der Direktorin der Akademie für Politische Bildung, Prof. Dr. Ursula Münch, empfangen. Frau Prof. Münch gab einen Einblick in die Grundlagen des deutschen Föderalismus, die Grundlagen des deutschen Parteiensystems und ein breites Bild des deutschen Demokratieverständnisses. Von der Direktorin erfuhr man, dass das Institut auf der Grundlage einer Einzelförderung arbeitet, die vom bayerischen Staat aufrechterhalten wird, dass dieser aber keine Kontrolle über die Leitung des Instituts hat. Das Institut, das für die politische Bildung zuständig ist, organisiert eine Reihe von Konferenzen, und seine Mitarbeiter forschen und schreiben Artikel zu einer Vielzahl von politischen Themen, von der Bildung bis zur Wirtschaft. Außerdem bietet es verschiedene Fortbildungskurse an, für die sich jeder bewerben kann. Neben den erstaunlichen Ressourcen der Politischen Bildung ist auch die Lage des Gebäudes in der Nähe des Starnberger Sees erwähnenswert. Am Ende der Vorlesung konnten die Studenten ein Bad im klaren Wasser des Sees am Fuße der Alpen nehmen.

Den Abschluss des Tages bildete am Dienstag, den 20. Juni, ein Vortrag von Klaus Holetschek, Staatsminister für Gesundheit und Pflege, im Bamberger Haus über das Gesundheitskonzept der CSU für die Zukunft, mit besonderem Augenmerk auf die Alten- und Krankenpflege. Nach den Vorträgen hatten die Zuhörer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die Veranstaltung wurde von 40-50 Personen besucht, die meisten davon aus der älteren Altersgruppe. Das Thema bewegte die Zuhörer, und neben den Fragen gab es viele Kommentare und Kritik, die darauf hindeuteten, dass der Covid-19-Ausbruch die Unzulänglichkeiten des lokalen Gesundheitswesens aufgezeigt habe und dass die Menschen vor Ort von der regierenden CSU ein Reformkonzept erwarten würden. Klaus Holetschek bemühte sich, auf alle Fragen zufriedenstellend zu antworten, was eher den Eindruck einer freundschaftlichen Diskussion erweckte, bei der man gemeinsam versucht, einen konstruktiven Plan zu erarbeiten. Die Veranstaltung hatte eine echte „Rathaus-Atmosphäre”, mit der die Partei womöglich zu zeigen versuchte, dass sie den Menschen zuhöre und so eine solide Basis von Menschen aufbaue, die die Partei auch bei den Bezirkswahlen im Oktober unterstützen würden. Im Anschluss an die Veranstaltung gab es bei einer typisch bayerischen Brotzeit Gelegenheit, die örtlichen CSU-Mitglieder und die Jugendorganisation der CDU/CSU, die Junge Union, und ihre Sichtweise kennenzulernen. Die Gruppe hatte auch die Möglichkeit, einige der traditionellsten bayerischen Spezialitäten zu probieren.

Der dritte Tag begann am Mittwoch, den 21. Juni, im Bayerischen Landtag, wo die Reisegruppe zunächst von Tobias Gotthardt, Abgeordneter und europapolitischer Sprecher der Freien Wähler (FW), zu einem Arbeitsfrühstück und einer Kostprobe der traditionellen bayerischen Küche mit Weißwurst, süßem Senf und Brezen empfangen wurde. Die imposante Kulisse mit Panoramablick auf die wichtigsten Wahrzeichen der Stadt erwies sich als wahrhaft inspirierend, da man in kurzer Zeit einen umfassenden Einblick in die Arbeitsweise der liberal-konservativen Partei gewinnen konnte. Es wurde über die Geschichte und die Struktur der kleinen Regierungspartei gesprochen, wobei besonders interessant war, dass sie durch ihre Nähe zum Volk einen möglichst direkten Kontakt zur Bevölkerung habe. Es wurde auch eine Reihe von politischen Themen erörtert, darunter die industrielle und wirtschaftliche Entwicklung, die Politik für den ländlichen Raum und der Gewässerschutz an der Donau. Aber nicht nur die Landespolitik der Partei, sondern auch die politische Situation auf Bundesebene und sogar in Europa war ein wichtiges Thema. Am Ende der spannenden Debatte konnten die Studentinnen und Studenten auch Antworten auf ihre Fragen zu verschiedenen Themen erhalten.

Bei ihrem zweiten Treffen im Bayerischen Landtag hatten die Studenten die Gelegenheit, mit Florian Siekmann, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und europapolitischen Sprecher der Grünen, zu sprechen, der mit, zum Zeitpunkt seiner Wahl, 23 Jahren der jüngste Abgeordnete in der Geschichte Bayerns ist und mit 28 Jahren bei der kommenden Landtagswahl erneut kandidiert. Was das Treffen interessant machte, war nicht nur sein jugendlicher Elan, sondern auch die unterschiedlichen Perspektiven auf die Themen, die in anderen Treffen angesprochen worden waren. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde beantwortete Herr Siekmann Fragen der Studierenden, um Themen zu diskutieren, die die Mitglieder der Gruppe wirklich interessierten. Neben der Bildungs- und Energiepolitik kamen auch Fragen der Nachhaltigkeit zur Sprache, zu denen er als Mitglied der Grünen einen sehr pragmatischen Standpunkt vertrat. Zur Europäischen Union wurden Wertekonflikte zwischen den Mitgliedsstaaten und die Kreislaufwirtschaft diskutiert. Darüber hinaus sprach er über seine persönliche Motivation, seinen beruflichen Werdegang und seine tägliche Arbeit, was für die Studenten als erfolgreicher junger Mensch in ihrem Alter sehr inspirierend und anregend war.

Anschließend trafen die Ungarn Karl Freller, einen CSU-Abgeordneten im Bayerischen Landtag und einen der Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags. Herr Freller hatte Ungarn schon mehrfach besucht und ist unserem Land seit langem freundschaftlich verbunden, so dass er den Ungarn sehr ans Herz gewachsen ist. Das zeigte sich auch während der gemeinsamen Zeit, er empfing die Gruppe sehr herzlich und erzählte gerne von seiner Arbeit. Freller ist seit 41 Jahren in der Politik tätig, seit er mit 25 Jahren als damals jüngster Abgeordneter ins Parlament kam. Er arbeitete unter anderem mit Ministerpräsident Franz Josef Strauß und Markus Söder, derzeitiger Ministerpräsident von Bayern, zusammen. Während des Treffens sprach er über die Arbeitsweise und Struktur des bayerischen Parlaments und seine Ansichten zur aktuellen Politik. Besonders interessant war es, als er über seine Position als I. Vizepräsident sprach. Neben der CSU stellen auch die Freien Wähler, die Grünen, die SPD und die FDP je einen Abgeordneten für das Amt des Vizepräsidenten im Bayerischen Landtag, so dass die Zusammenarbeit im Normalfall eine Herausforderung darstelle. In dieser Wahlperiode laufe sie aber ungewöhnlich eng und reibungslos. Nach dem Treffen mit dem Vizepräsidenten bekamen alle eine Führung durch das Landtagsgebäude und konnten die Säle, Sitzungsräume und Gänge des imposanten Gebäudes besichtigen.

Am Nachmittag besuchte die Studienfahrt den Bayerischen Rundfunk (BR), die öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalt des Freistaats Bayern mit Sitz in München, die zum ARD-Konsortium der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland gehört. Dr. Susanne Glass, Leiterin der Auslandsredaktion und ehemalige Korrespondentin in Wien und Tel Aviv, Dr. Clemens Verenkotte, nachfolgender Leiter des Wiener Auslandskorrespondentenbüros, und Wolf-Oliver Wöllenstein, verantwortlicher Journalist für die Auslands- und Politikberichterstattung, gaben einen Einblick in den Ablauf der Auslandsberichterstattung aus Bayern und die Geschichte des BR. Der BR wurde 1922 in München als „Deutsche Stunde in Bayern” gegründet. Die erste Sendung wurde am 30. März 1924 ausgestrahlt. Aus der Deutschen Stunde in Bayern wurde 1931 dann der Bayerische Rundfunk. 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurde er der nationalsozialistischen Propaganda unterstellt. 1949 wurde Radio München zum Bayerischen Rundfunk und richtete im selben Jahr den ersten UKW-Sender Europas ein. In den 1950er Jahren wurde auch in Nürnberg ein Sender eröffnet, und 1954 begann die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen.  Während des Redaktionsbesuchs hatte man auch die Möglichkeit, die Fernsehstudios und Regie des BR zu besichtigen. Während des Besuchs erhielten wir einen umfassenden Überblick über die technischen und inhaltlichen Abläufe in der Redaktion und die Situation des Journalismus und der Journalisten in Deutschland.

Am späten Nachmittag führte der letzte Teil des Fachprogramms an die Technische Universität München, an der die Studenten in einem großen Hörsaal von den Doktoranden und Referenten Sophie Sontag-Lohmayer und Richard Schenk einen umfassenden Vortrag zum Wissenschaftsstandort Bayern und seinen Anknüpfungen an Wirtschaft und Arbeitsmarkt erhielten. Insbesondere interessant war hier die Rolle der TUM als Exzellenzuniversität mit besonderer Auszeichnung. Am Mittwochabend beschlossen die Delegation ihren Tag im Deutschen Theater in München, wo sie die Premiere des Musicals „Die Unendliche Geschichte” von Michael Ende besuchte.

Die Studenten eröffneten ihren letzten Tag am Donnerstag, den 22. Juni, beim gemeinsamen bayerischen Mittagessen mit Stadtrat Michael Dzeba (CSU) und Julia Hegyesi, Mitarbeiterin der Stadtverwaltung im europäischen Informationszentrum Europe Direct München, im Namen den Münchner Oberbürgermeisters. Obwohl das anschließende Treffen im Kleinen Sitzungssaal des Rathauses kurz war, konnte man über die Herausforderungen sprechen, vor denen die Stadt stehe, insbesondere im Bereich des bezahlbaren Wohnraums, für den nur der Bau neuer Wohnungen mittel- und langfristig eine Lösung bieten könne. Außerdem wurde erörtert, wie die örtliche Bevölkerung die ukrainischen Flüchtlinge aufgenommen habe und wie die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge gesellschaftlich unterstützt worden sei und werde. In dieser Hinsicht erwies sich die Entscheidung als breit abgestützt. Ein Beispiel dafür ist die Tatsache, dass die Münchner Bevölkerung neben der humanitären Hilfe auch Menschen und Familien, die ihre Heimat verlassen mussten, in ihren eigenen Heimen aufgenommen habe. Eine Erklärung dafür ist vermutlich, dass diese Menschen, anders als 2015-2016, aus dem gleichen oder zumindest einem sehr ähnlichen kulturellen Umfeld kommen. Im weiteren Verlauf des Treffens sprach Julia Hegyesi, eine ungarischstämmige Mitarbeiterin, über Münchens Partnerschaften im Bereich des Klimawandels und die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit für München. Im Anschluss an die Präsentationen hatten die Studierenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Auf die Frage, was die eindrücklichste Erfahrung in seiner Laufbahn war, riet Ratsmitglied Dzeba, der diese Kraft und Erkenntnis beim Malteser Hilfsdienst aus einer sehr persönlichen Erfahrung mit den letzten Momenten todkranker Menschen geschöpft hatte, den jungen Leuten, mutig zu sein und ihre eigenen Träume zu leben, nicht das, was andere von ihnen erwarten würden. Denn dies werde nie so gut funktionieren, wie das, was man von sich selbst aus wolle, und man habe nur ein Leben, das man nicht wiederholen könne. Mit diesen Worten verabschiedete er die Delegation vor der historischen Kulisse des Rathaussaals.

Am Donnerstagnachmittag besuchten die Ungarn die Bayerische Staatskanzlei, wo sie von Martin Kastler, dem persönlichen Referenten der Bayerischen Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml, empfangen wurden und von Ministerialrat Dr. Martin Kraus-Vonjahr eine Führung bekamen. Sie erhielten nicht nur eine kurze Geschichte und Symbolik der ehemaligen Kaserne, die einst ein militärhistorisches Museum war, sondern auch eine kurze Einführung in die grundsätzliche Arbeitsweise der staatlichen Institution. Sie erfuhren, dass Bayern im föderalen System Deutschlands ein hohes Maß an Eigenständigkeit genieße, nicht nur in der Kultur- und Bildungspolitik, sondern auch in den Außenbeziehungen, z.B. im direkten und ständigen Kontakt mit der Europäischen Union, wo es seine eigenen Ansichten und Interessen vertrete, auch gegenüber der Bundesregierung. Sie haben auch erfahren, dass Bayern u.a. in London, Tel Aviv, Addis Abeba und sogar in Kiew eigene diplomatische Vertretungen hat, was die Bedeutung des Landes in der Außenpolitik zeige. Auch die Vertretung in Brüssel bestätigt dies. Im Anschluss an den Rundgang hatten die Studierenden mit Herrn Ministerialdirigent Dr. Rainer Hutka in Vertretung der Staatsministerin Gelegenheit, aktuelle politische Themen zu diskutieren, die Bayern betreffen: die Situation in der Ukraine, wo Bayern humanitäre Hilfe vor Ort leistet und Flüchtlinge aufnimmt, die Frage einer gemeinsamen europäischen Armee und die Probleme eines gemeinsamen außenpolitischen Handelns. Auch die traditionell sehr engen bayerisch-ungarischen Beziehungen, etwa bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität oder der vom Freistaat mitfinanzierten Andrássy Universität Budapest in deutscher Sprache, kamen zur Sprache. Bevor die Gruppe das Gebäude verließ, wurde ihr noch der Hauptkonferenzraum der bayerischen Kabinettssitzungen neben dem Büro von Martin Söder gezeigt, von dem aus man einen wunderbaren Blick auf München genießen konnte.  

Als letztes Fachprogramm der Studienreise nach München besuchte die Gruppe das ungarische Generalkonsulat. Seit 2015 wird dessen Team von Generalkonsul Gábor Tordai-Lejkó geleitet, der aufgrund einer offiziellen Veranstaltung nicht persönlich an dem Treffen teilnehmen konnte, aber von Emőke Barabás, erster stellvertretender Konsulin, vertreten wurde, die alle zusammen mit den Konsuln Péter Lorenz und Gergely Juhász mit großer Gastfreundschaft empfing. Emőke Barabás erzählte, dass sie ihre Karriere als Außenwirtschaftsattaché in der Schweiz begonnen habe und später die erste Vertreterin des Generalkonsuls in München geworden sei. Die Kollegen arbeiteten harmonisch und mit jugendlichem Enthusiasmus daran, die langjährigen Beziehungen zu Bayern zu pflegen. Die Präsentation konzentrierte sich auf die politische und wirtschaftliche Situation in Bayern und beinhaltete viele Diskussionen über die bayerisch-ungarischen Beziehungen. Derzeit werde der Alltag von der Wahlkampfatmosphäre und den verschiedenen Kampagnen beherrscht, denn am 8. Oktober fänden Landtagswahlen statt, deren endgültiger Ausgang schwer vorhersehbar sei. Bei ihrem Besuch konnten die Studenten sich davon überzeugen, dass Bayern auch in den Augen der Ungarn eine besondere Rolle und einen besonderen Platz einnimmt. Trotz der politischen Differenzen zwischen den beiden Ländern Anfang der 2010er Jahre seien die derzeitigen Beziehungen zwischen den Fachministerien sehr ausgewogen, und die Minister und Experten träfen sich regelmäßig, um aktuelle Fragen zu erörtern und gemeinsame Lösungen für Probleme zu finden. Die Wirtschaft sei völlig unabhängig von der Politik, so dass die Abschwächung der früheren politischen Beziehungen keine Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen habe, die einen neuen Trend aufweisen würden. Immer mehr Unternehmen, wie z.B. das BMW-Werk in Debrecen, würden sich in Ostungarn ansiedeln, da die wirtschaftliche Expansion für das Konsulat eine Priorität darstelle.

Zu guter Letzt wurde über die einheimischen Ungarn gesprochen. In Bayern leben rund 100.000 Ungarn, die das Konsulat in allen Lebensbereichen unterstütze. Verschiedene Vereine arbeiteten daran, die Integration der Ungarn zu erleichtern, wobei der Schwerpunkt auf der Bildung liege. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studiengruppe viele nützliche und professionelle Informationen erhalten hat und die Fachleute des Konsulats kennenlernen konnte, mit denen sie das Programm in einer angenehmen und freundlichen Atmosphäre verbrachte. Nach einem kulturellen und kulinarischen Abendabschluss reiste die Delegation am Freitag, den 23. Juni, mit dem Zug aus München nach Ungarn zurück.

Den Bericht verfassten: Dorina Bosits, Dóra Bugár, Botond Czagány, Anna Csontos, Tünde Darkó, Lili Tícia Gál, Dávid Horváth, Réka Ködöböcz, Julianna Róka, Balázs Szigeti, Thomas Wagner.

Fotos von: András Ferenczy, Bayerische Staatskanzlei, Generalkonsulat von Ungarn München.