Die Fragen des Rechts sind untrennbar mit denen der Macht verbunden. Das Recht ist genauso auf Macht angewiesen, wie es auch umgekehrt der Fall ist. In der Welt der militärischen Gewalt, wie auch der wirtschaftlichen und politischen Macht hat das Recht die besondere Aufgabe, dem Missbrauch von Macht Einhalt zu gebieten. Wie diese Wechselwirkung sich in den internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert manifestiert hat, sprach Prof. Dr. Christian Hillgruber, Direktor des Instituts für Kirchenrecht und Leiter des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn am 22. März 2023 bei einer mit 60 interessierten Teilnehmern veranstalteten Podiumsdiskussion des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC) in Budapest.

Bei der Eröffnung der Veranstaltung betonte Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts die Bedeutung des bilateralen, auf gegenseitigem Verständnis beruhenden Dialogs in internationalen Beziehungen, hob jedoch hervor, dass dies immer noch nicht ausreichend ist, um einen Effekt auf das Verhältnis zwischen Recht und Macht auf der Bühne der Weltpolitik zu haben.

Prof. Dr. Christian Hillgruber ging in seinem Einführungsvortrag insbesondere darauf ein, dass die Spannung zwischen der Normgebung und der Rechtsanwendung generell, im internationalen Recht jedoch besonders ausgeprägt zu beobachten ist, daher werde internationales Recht unter Anderem auch  ohne Macht bezeichnet. Darüber hinaus hob Prof. Hillgruber hervor, dass mit der Errichtung der Vereinten Nationen Recht in der internationalen Gemeinschaft sich stärker durchzusetzen begann, sodass sich die Staatengemeinschaft zugleich auch als Rechtsgemeinschaft betrachtete. Dementsprechend haben die Staaten rechtliche Mindeststandards etabliert, im Rahmen dessen dem internationalen Recht eine besondere Rolle zufiel. Hillgruber ging ebenfalls auf die historische Entwicklung des internationalen Rechts ein und betonte, dass der normative Realismus aus den  Lehren des Zweiten Weltkriegs abgeleitet werden könne. Zur damaligen Zeit sei der Kampf um die Vormachtstellung zugleich auch ein Kampf um das „richtige Recht“ gewesen. Hillgruber sprach darüber hinaus auch über das in der aktuellen weltpolitischen Situation besonders wichtige Recht der Staaten zur Selbstverteidigung, das er durch historische Beispiele verdeutlichte.

Im Verlauf des auf den Vortrag folgenden Podiumsdiskussion, moderiert durch Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Professor der Technischen Universität Chemnitz für die europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und Gastprofessor des Deutsch-ungarischen Instituts am MCC, ging Hillgruber auf die Rolle der Vereinten Nationen ein und betonte, dass nach internationalem Recht sämtliche Staaten gleich zu betrachten seien, Nordkorea genauso wie die Bundesrepublik. Als Antwort auf eine Frage aus dem Publikum in Bezug auf die Wahlrechtsreform, erläuterte Hillgruber als Professor für öffentliches Recht, dass das neue deutsche Wahlgesetz durch Machtkalkül gestaltet sei und man bei der Prüfung der Details nicht mit Sicherheit die Aussage treffen könne, ob das Bundesverfassungsgericht es für verfassungswidrig erklären werde oder nicht.

Im Rahmen des auf die Podiumsdiskussion folgenden Stehempfangs konnten die interessierten Teilnehmer und der Referent den lebhaften Austausch in einem zwanglosen Rahmen fortsetzen.

Das Manuskript des Vortrages finden Sie hier.