Auf dem Gipfeltreffen des Europäischen Rates am 29./30. Juni kamen die EU-Führungsspitzen in Brüssel zusammen, um die gemeinsame Position zu Sicherheit und Verteidigung, insbesondere zum Krieg in der Ukraine, sowie die externe Dimension der Migrationspolitik zu diskutieren.
Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, hob hervor, dass die Bemühungen der EU im Bereich der Migration in den letzten Monaten eine Reihe von Fortschritten gemacht hätten, auch wenn die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sich nicht auf eine abschließende Erklärung zur Migration geeinigt hätten. Das vorläufige Scheitern der Verabschiedung eines endgültigen Migrationsdokuments führte Michel auf die Haltung Polens und Ungarns zurück.
Diese hatten den Vorschlag für ein neues EU-Paket zu Migration und Asyl und die Verabschiedung der Abschlusserklärung mit einer qualifizierten Mehrheit nicht unterstützen wollen und auf eine gemeinsame Konsenslösung gepocht. Ungarn (wie auf Polen) lehne des Weiteren den Vorschlag der Kommission für einen neuen Migrations- und Asylpakt ab und halte es für inakzeptabel, dass die Bestimmungen die Mitgliedstaaten dazu zwingen würden, Tausende oder sogar Zehntausende von Migranten unter sich aufzuteilen, erklärte Balázs Orbán, der politische Direktor des ungarischen Ministerpräsidenten, in Brüssel. Der Pakt sieht bisher einen verbindlichen Solidaritätsmechanismus mit einer Wahlmöglichkeit zwischen der Verteilung und Aufnahme von Flüchtlingen unter den Mitgliedsstaaten oder ausgleichender finanzieller Kompensation, im Falle, dass ein Staat nicht zur Verteilung gewillt oder fähig wäre, vor.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gab ein positives Fazit des Gipfels. Polen und Ungarn hätten darauf bestanden, dass die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten zu einer einstimmigen Beschlussfassung übergehen sollten, die den verpflichtenden Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedsstaaten nicht beinhalte. Beide Länder hätten hingegen keine Einwände gegen die Elemente des Paktes, die sich auf die externe Dimension der Migration bezögen, was auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Partnerländern zur Reduzierung der Migrantenströme impliziere.
„Der Migrationspakt steht“, betonte auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, beim Verlassen des Gipfels, „heute ging es nicht um den Migrationspakt, es ging darum, dass Ungarn und Polen die Art und Weise, wie der Migrationspakt beschlossen wurde, nicht gefällt.“ Ein Konsens in allen migrationsrelevanten Fragen ist laut EU-Regeln zwar nicht vorgesehen, Polen und Ungarn berufen sich allerdings auf einen Beschluss des Europäischen Rates vom Dezember 2016, Juni 2018 und Juni 2019, laut dem der neue Pakt zu Migration und Asyl im Konsens angenommen werden müsse und die Umsiedelung und Neuansiedelung im Rahmen von Solidaritätsmaßnahmen auf freiwilliger Basis erfolgen solle.