„Der hohe Grad der Verflechtung der beiden Staaten wäre ohne die Leistung von Konrad Adenauer und David Ben-Gurion nur schwer vorstellbar. Aus ihrer Freundschaft, die 1945 unmöglich erschien, ist auch eine ‚unmögliche Freundschaft‘ der beiden Länder geworden.“
So resümiert Dr. Michael Borchard in seinem Buch mit dem gleichnamigen Titel „Eine unmögliche Freundschaft – David Ben-Gurion und Konrad Adenauer“ die besondere Beziehung der beiden Politiker. David Ben-Gurion und Konrad Adenauer sind zwei der großen Staatsmänner des 20. Jahrhunderts. Ihre Leben sind durch die deutsche und israelische Geschichte vielfältig miteinander verflochten und weisen trotz der unterschiedlichen Umstände erstaunliche Parallelen auf. Bis heute gehen beide Männer als Begründer einer neuen Staatlichkeit ihrer Völker in die Geschichte ein. Politikwissenschaftler Dr. Michael Borchard erzählt in seinem Buch die Lebenswege von Ben-Gurion und Adenauer als Parallelgeschichte. Er berichtet von ihrer im historischen Kontext nahezu unmöglichen Freundschaft, die zu einer Freundschaft ihrer Staaten und Völker wurde. Dabei führt er seinen Lesern vor Augen, was sich von diesen beiden großen Staatsmännern heutzutage lernen lässt.
Anlässlich der Veröffentlichung der ungarischen Ausgabe des Buches lud das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit (DUI) am Mathias Corvinus Collegium (MCC) am 14. März 2023 zur Buchvorstellung und Podiumsdiskussion mit dem Autor ein. Moderiert wurde der Abend von Volker Resing, Leiter des Ressorts „Berliner Republik“ der Monatszeitung Cicero. Die Veranstaltung mit rund 110 Teilnehmern wurde von Grußworten der deutschen und israelischen Botschafter begleitet.
Bence Bauer, Direktor des DUI, ging in seiner Eröffnungsrede auf die Bedeutung Adenauers sowie des Staates Israel in Ungarn ein. Klar bekenne sich Ungarn in tiefer Freundschaft zu Israel. Man bewundere Adenauer als großen Staatsmann und den Aussöhnungsprozess Deutschlands und Israels könne man sich auf der ganzen Welt zum Vorbild nehmen. Weiterhin hob er den historischen Kontext des Veranstaltungsdatums hervor, an dessen gleichen Tage im Jahre 1960 sich Gurion und Adenauer erstmals getroffen hatten. Umso stolzer sei man, an selbigem Tage nun eine ungarische Fassung des Buches von Borchard präsentieren zu können.
Die deutsche Botschafterin Julia Gross zitierte David Ben-Gurions Ausspruch: „Wer nicht an Wunder glaubt, der ist kein Realist.“ Ein eben solches Wunder sei die Aussöhnung Deutschlands und Israels, welche neben der Westbindung Deutschlands und der europäischen Einigung einer der Meilensteine der bundesrepublikanischen Geschichte gewesen sei. Gurion und Adenauer seien imstande gewesen, das Undenkbare zu denken und hätten so den Weg geebnet für eine wunderbare Freundschaft und den Grundstein gelegt für einen elementaren Bestandteil der deutschen Demokratie. Die Größe, Mut und Weitsicht Gurions und Adenauers seien exemplarisch für beide Gesellschaften. Die Bundesrepublik bekenne sich zum Staat Israel und ihrer Verantwortung in Angesicht ihrer Geschichte.
Botschafter Yacov-David Hadas Handelsman aus Israel ging auf die Rückkehr der Bundesrepublik Deutschland in den Kreis der demokratischen Welt ein, die eng mit der israelischen Aussöhnung verbunden gewesen sei. Deutschland habe Israel beim Aufbau seines Staates und seiner Gesellschaft unterstützt in einer Zeit, in der Israel international isoliert gewesen sei. Gemeinsam hätten sie demokratische Prozesse aufgebaut und gegenseitig vor dem Parlament des jeweilig anderen gesprochen. Yacov-David Hadas Handelsman erzählte in seiner Rede auch von seiner eigenen Familiengeschichte und deren belastetem Verhältnis mit dem deutschen Staat, welches sich in seiner Kindheit dennoch im Zuge eines historischen Fußballspiels zwischen einer deutschen Mannschaft und der israelischen Nationalmannschaft in Israel zum positiven gewandt hatte. Auch wenn das israelische Verhältnis zu Deutschland bis heute sehr ambivalent sei, sei man sehr dankbar für die deutsche Hilfe und Zusammenarbeit.
In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Dr. Michael Borchard und Volker Resing über die Personen der beiden großen Staatsmänner und ihren menschlichen Faktor in der Geschichte. Zunächst besprach Borchard die Entstehungsgeschichte seines Werkes, welches durch eine Anekdote inspiriert worden war. So hatte er sich mit den Enkelsöhnen Gurions und Adenauers in Israel getroffen, welche nach wie vor eine enge Beziehung pflegten. Diese Symbolik einer nachhaltigen Freundschaft gab den Anstoß des Buchprojektes. In seiner Charakterisierung der Staatsmänner hob Borchard ihre Moralität und gleichzeitige Pragmatik hervor. Die deutsch-israelische Partnerschaft habe nicht weniger als das Überleben des Staates Israel gesichert, weshalb Gurion 1952 bereit gewesen sei, auf Deutschland zuzugehen, auch wenn der Holocaust kaum sieben Jahre vergangen gewesen war. Deutschland hingegen war als erster Staat in der Geschichte freiwillig bereit gewesen, Reparationen zu zahlen und dies überdies noch an einzelne Individuen und Opfer seiner Verbrechen. So, schloss Borchard, sei bis 1960 ein tiefes Vertrauen und Respekt gewachsen und eine militärische Kooperation entstanden. Dieses Vertrauen habe sich über Yitzhak Rabin und Helmut Kohl bis in die heutige Zeit fortgesetzt und präge das gegenseitige Verhältnis nachhaltig und auch in Zukunft dauerhaft.