„Lassen Sie nicht zu, dass ich verliere, was am teuersten ist: mein Leben!” Dies sind die verzweifelten Worte eines 21-jährigen deutschen Universitätsstudenten an das Gericht, das ihn verurteilte. Ein junger Mensch, der nichts von den Gräueltaten des Kommunismus wusste. Ein junger Mann, der nicht spioniert hatte, der nur gegen einige der Bedingungen rebelliert hatte, die er an der Universität erlebt hatte – und dennoch wurde er zum Tode verurteilt. Eines Nachts im März 1951 wurde er aus der Todeszelle geholt, zu Tode geprügelt, sein Körper verbrannt und seine Asche irgendwo verstreut. Seine Geschichte wurde von dem deutschen Schriftsteller Klaus-Rüdiger Mai recherchiert und aufgeschrieben. In Miskolc wurden er und Frank Spengler, Berater des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit des MCC, im Rahmen einer Podiumsdiskussion von Tamás Fonay, Projektkoordinator des Deutsch-Ungarischen Instituts, interviewt.
Die Mitglieder der Gruppe um die Gebrüder Scholl, die während des Zweiten Weltkriegs im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv waren, sind durch ihr mutiges Handeln und ihr erschütterndes Schicksal zu Recht ein fester Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur. Doch wer kennt Herbert Belter? Nachdem er an der Leipziger Universität Flugblätter verteilt hatte, führte Belter einen Studentenaufstand gegen die DDR-Diktatur an. Im Alter von nur 21 Jahren wurde er 1951 von den Henkern des stalinistischen Regimes hingerichtet. Der deutsche Schriftsteller und Historiker Klaus-Rüdiger Mai schrieb über ihn und seine Kommilitonen ein Buch mit dem Titel „Der kurze Sommer der Freiheit: Wie die DDR zur Diktatur wurde”.
„Die Geschichte von Herbert Belter und seinen Kommilitonen war in Deutschland nicht sehr bekannt”, erzählte er. Aber er hielt es für wichtig, dass die Welt von diesem jungen Mann und seinen neun Kameraden erfahre, die den Widerstand gegen die kommunistische Diktatur organisiert hatten. „Der Grund, das Buch zu schreiben, war Scham”, bekennt Klaus-Rüdiger Mai, der der Meinung ist, dass so viele dieser Geschichten wie möglich erzählt werden sollten und dass die Vergangenheit aufgearbeitet werden müsse. „Diese Menschen haben keine Gräber, wir wissen nicht, wo sie begraben sind, wir können ihnen nicht die Ehre erweisen, wir können uns nicht erinnern”, betonte er, „aber es ist wichtig, sich zu erinnern.”
Die Vorstellung, dass in der DDR zu Sowjetzeiten eine neue Demokratie hätte entstehen können, sei laut Klaus-Rüdiger Mai eine Illusion gewesen, denn die kommunistische Herrschaft habe überall geherrscht. Im Laufe seiner Recherchen hat der deutsche Schriftsteller immer mehr Geschichten von mutigen Menschen kennengelernt, die zwischen 1949 und 1953 den Widerstand organisierten und von denen er vorher noch nie gehört hatte. Eine der erschütterndsten Erfahrungen sei für ihn die Lektüre der Briefe und Petitionen gewesen, die die Eltern der Jugendlichen an die höheren Behörden geschrieben hatten, da sie keine Informationen über das Schicksal ihrer Kinder, die Anschuldigungen gegen diese, die Prozesse und die Verurteilungen erfuhren. Herbert Belter und seine Kollegen wurden erst 1992 von der Rehabilitierungskommission rehabilitiert, da die Verurteilung rechtswidrig gewesen war, unter anderem weil nur die DDR selbst und nicht etwa die Sowjetunion DDR-Bürger hätte verurteilen dürfen.
Frank Spengler aus Westdeutschland berichtete, dass sie dort in den Schulen nichts über diese Geschichten gehört hätten und dass er dankbar sei, dass Klaus-Rüdiger Mai diese Geschichte geschrieben habe, weil sie ein ernsthaftes Dokument zur Aufklärung darstelle. Spengler hob zwei Punkte hervor: Erstens, dass es zeige, wie die Sowjets Christen verfolgten, und zweitens, wie sehr die damalige Führung darauf bedacht gewesen sei, zu vertuschen, was im System vor sich ging. Sie hätten versucht, Menschen zu brechen, die nicht einmal verstanden hätten, was im Kommunismus vor sich ging. Seiner Meinung nach sei dieses Buch auch deshalb wichtig, weil es einerseits auf diese Zeit zurückblicke und andererseits diese Menschen rehabilitiere. Frank Spengler fügte hinzu, dass es Länder gebe, die besser mit diesen Dingen umgegangen seien, weil sie sich auf die Opfer und nicht auf die Täter konzentriert hätten. Er halte es auch für wichtig, dass es einen zentralen Ort gäbe, der den Menschen hilft, sich zu erinnern und sich der Geschichte zu stellen, denn in Deutschland gebe es derzeit keinen solchen Ort. Es sei wichtig, diese jungen Menschen kennen zu lernen, denn dies sei zentral für die Erinnerung.
Laut Klaus-Rüdiger Mai gebe es nämlich auch eine liberale Vorstellung, die sich heute immer stärker durchsetze, dass der Sozialismus aus philosophischer Sicht gar nicht so schlecht gewesen sei. In der Vergangenheit hätten viele Menschen es nicht für wichtig gehalten, sich zu erinnern, und als die beiden deutschen Staaten wiedervereinigt waren, hätten sie nicht wissen wollen, was im Osten geschehen war. „Und wir müssen uns nicht nur um das System kümmern, sondern auch um die Schicksale”, betonte Spengler. „Wir Demokraten müssen weltweit gegen das aufstehen, was damals passiert ist.”