Am 27. November 2024 lud das MCC-Bildungszentrum in Szeged zu einer Buchvorstellung mit anschließender Podiumsdiskussion ein. Organisiert vom Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit, zog die Veranstaltung zahlreiche Teilnehmer an. Anlass war die Vorstellung des Buches „Angela Merkel. Zwischen Legende und Wirklichkeit“ von Klaus-Rüdiger Mai, das nur einen Tag zuvor veröffentlicht worden war – zeitgleich mit Angela Merkels Memoiren in Deutschland.
Zu Beginn des Abends präsentierte Klaus-Rüdiger Mai zentrale Thesen seines Buches. Im Fokus standen Konzepte wie die „asymmetrische Demobilisierung“, die er als eine Schlüsselstrategie von Angela Merkels Politik beschrieb. Dabei übernahm Merkel Inhalte der Opposition, um deren Mobilisierung zu schwächen und gleichzeitig eigene Positionen zu festigen. Mai wies darauf hin, dass diese Methode kurzfristig Erfolge sicherte, jedoch langfristig zu einer Verwischung der politischen Profile und einer Identitätskrise innerhalb der CDU führte.
Ein weiterer Schwerpunkt der Buchvorstellung war die These einer „Entpolitisierung“ der deutschen Gesellschaft, die laut Mai durch Merkels technokratischen Führungsstil und ihre medienorientierte Politik begünstigt wurde. Dieser Ansatz habe zwar Stabilität geschaffen, jedoch auch dazu geführt, dass zentrale politische Konflikte nicht ausreichend ausgetragen wurden.
Die anschließende Diskussion wurde von Alexander Rasthofer moderiert und bot Raum für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den vorgestellten Thesen. Klaus-Rüdiger Mai, Bence Bauer und Rasthofer selbst brachten unterschiedliche Perspektiven in die Debatte ein.
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Frage, wie politische Strategien wie die asymmetrische Demobilisierung nicht nur die Parteistrukturen, sondern auch die politische Kultur eines Landes beeinflussen. Es wurde betont, dass Merkels Politik in einer Zeit stattfand, in der mediale Narrativen zunehmend die Wahrnehmung von Entscheidungen und politischen Prozessen dominierten.
Bence Bauer stellte in der Diskussion heraus, dass Führungsstile wie der von Angela Merkel immer im Kontext gesellschaftlicher und internationaler Entwicklungen gesehen werden müssten. Diese Dynamiken hätten nicht nur ihre Politik geprägt, sondern auch die Art und Weise, wie diese in Deutschland und Europa wahrgenommen wurde. Der Fokus auf Stabilität und Pragmatismus habe dabei gleichermaßen Vor- und Nachteile mit sich gebracht.
Die Fragerunde mit dem Publikum zeigte das große Interesse an den langfristigen Auswirkungen von Merkels Politik. Themen wie die Wechselwirkungen zwischen Strategie und Kommunikation sowie die Rolle der Medien wurden eingehend diskutiert. Besonders die Frage, ob Merkels pragmatischer Stil zu einer ungewollten „Repolitisierung“ in der heutigen Zeit geführt habe, bot Anlass für spannende Diskussionen.
Die Veranstaltung in Szeged bot den Teilnehmern nicht nur die Gelegenheit, die politischen Mechanismen der Merkel-Ära zu hinterfragen, sondern auch Denkanstöße zu aktuellen Herausforderungen moderner Politik. Die Buchvorstellung und die anschließende Diskussion verbanden fundierte Analysen mit intellektuellen Impulsen, die den Abend zu einem besonderen Erlebnis machten. Besonders die differenzierten Beiträge der Diskussionsteilnehmer wurden von den Gästen als bereichernd hervorgehoben.