Das Medienhaus in München war am Abend des 19. Juni 2023 bis auf den letzten Platz gefüllt, als der Visiting Fellow des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC) und heutige Forschungsdirektor des MCC Brüssel sein neuestes Buch „Ungarn verstehen: Gesellschaft, Staat, Politik“ vorstellte, das im Langen Müller Verlag erschienen ist. Das Erscheinen des Bandes ist ein Meilenstein in der Vertiefung der deutsch-ungarischen Beziehungen: Patzelt, der vor dem Verfassen des Buches Ungarn nur durch die verzerrende Linse der deutschen Medien kennen lernen konnte, schaffte es mit seiner objektiven Darstellung von Fakten und Zusammenhängen, ein argumentativ stringente und sehr umfassende Analyse der ungarischen Geschichte, Politik, Gesellschaft, Kultur und des ungarischen Staatsverständnisses zu präsentieren.

 

Die Veranstaltung wurde von Michael Fleissner, Geschäftsführer des Langen Müller Verlags, eröffnet, gefolgt von einer Begrüßungsrede von Dr. Zoltán Szalai, Generaldirektor des MCC. Das Buch wurde vom Publizisten und Philosophen Dr. Alexander Grau, Visiting Fellow am Deutsch-Ungarischen Institut, vorgestellt, der anschließend die Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Patzelt moderierte.

Michael Fleissner betonte in seiner Begrüßungsrede, dass wir uns in Europa in einer schwierigen Zeit befänden, was das gegenseitige Verstehen anbelange. Es fehle ein reflexives gegenseitiges Verständnis, eine objektive und sachliche Sichtweise sei durch ein auf Zerrbildern basierendes Urteil ersetzt worden. Fleissner wies auch darauf hin, dass das ungarische Modell in Europa als Beispiel dienen könne, auch wenn viele Menschen dies nicht in Erwägung zögen.

Dr. Zoltán Szalai dankte Michael Fleissner und dem Langen Müller Verlag für das Verlegen des Buches, was viel Mut erfordere, und betonte, dass das Buch eine tiefgehende und detaillierte Analyse Ungarns und seiner Rolle in Europa liefere. Für die Vertiefung der deutsch-ungarischen Zusammenarbeit sei die Bereitschaft, sich gegenseitig zu verstehen, unerlässlich, Patzelts Buch sei daher jedem zu empfehlen, der hinter die Kulissen der politischen Missverständnisse blicken wolle.

Alexander Grau gab hiernach einen kurzen Einblick in den Inhalt des Buches und betonte die Komplexität, ja fast die Unmöglichkeit des Versuchs, ein Land zu verstehen, welches verschiedene Regionen, Mentalitäten und Brüche in sich vereine. Grau wies auch darauf hin, dass es wohl kaum ein solch missverstandenes Land wie Ungarn in der Europäischen Union gäbe, Deutschland hätte dagegen vor allem Probleme mit der Akzeptanz anderer Politikmodelle. Dabei gehe es in den deutsch-ungarischen Beziehungen um weit mehr als um politische, manchmal nachvollziehbare, Reibungen – man denke nur an die boomenden und immer schneller wachsenden Wirtschaftsbeziehungen.

„In seinem Buch versucht Patzelt, die Fakten und Daten zu präsentieren, die eine objektive und nicht wertende Diskussion über Ungarn ermöglichen“, sagte Grau und fügte hinzu, dass der Leser selbst entscheiden könne, ob Ministerpräsident Viktor Orbán der gefährlichste Politiker Europas oder dagegen ein friedfertiger Regierungschef mit bürgerlich-konservativen Werten sei. Grau wies auch darauf hin, dass die ungarische Geschichte immer die von den Besatzungsmächten verursachten Traumata im Auge behalte, wie die Mongoleninvasion, die osmanische Besatzung, den Vertrag von Trianon oder den Unabhängigkeitskampf von 1956. All diese Ereignisse hätten das Bild Ungarns von der Zukunft der EU und seiner Rolle innerhalb dieser geprägt, so Grau.

Nach der Podiumsdiskussion hatten die fast 100 Zuhörer die Möglichkeit, Fragen an den Autor des Buches zu stellen. Im Anschluss folgte ein Empfang, bei dem der deutsch-ungarische Dialog in informellem Rahmen fortgesetzt wurde.