Dr. Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC), hielt am 14. Juni 2023 im Bildungszentrum des MCC in Debrecen einen Vortrag über aktuelle Themen in Deutschland.

Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Leiter des Bildungszentrums, István Bognár, der in seiner Begrüßungsrede die Verbindungen zwischen Debrecen und Deutschland hervorhob. In seinem Vortrag beschrieb Bence Bauer die aktuelle Situation der deutschen Öffentlichkeit und die Themen, die das öffentliche Leben beherrschen.

Die Einführung stellte heraus, dass sich viele Menschen in Deutschland Sorgen um das Klima machten und viele weitere mit radikalen, extremen Methoden ihren Willen zum Klimaschutz demonstrierten. Die Rede war hier von den Klimakleber-Aktivisten, die sich an den Boden kleben, um für die Ziele der Umweltbewegung einzustehen. Bauer sprach auch über die Weltanschauung der Grünen und die Ziele und Pläne, die sie dafür haben, und sagte, dass die Partei das Selbstbestimmungsgesetz initiiert habe, das jedem deutschen Bürger erlaube, einmal im Monat zu entscheiden, als welches Geschlecht er sich identifiziere. Es wurde weiterhin erwähnt, dass Abtreibungswerbung in Deutschland verboten sei, dass die Grünen dies aber ignorieren würden und zunehmend für Abtreibung werben würden, wobei sie sie in jedem Fall als positiv darstellen würden. Die Grünen würden auch planen, das Wahlrecht auszuweiten und es bereits 16-Jährigen zu gewähren, sie seien für eine Genderisierung der Sprache, sie wollten die deutsche Staatsbürgerschaft nach bereits 5 Jahren Daueraufenthalt verleihen und sie planten, leichte Drogen zu liberalisieren. Auch in der Energiepolitik hätten die Grünen radikale Forderungen: Sie seien strikt gegen Atomkraft, unterstützten aber die Windenergie, wollten ab 2024 alle Neubauten mit Wärmepumpen ausstatten und verlangten, dass ein erheblicher Teil der Heizenergie aus erneuerbaren Energiequellen stamme.

Bauer wandte sich dann der Wahlrechtsreform der Ampelkoalition (SPD-Grüne-FDP) zu, die eine Begrenzung der Zahl der Sitze im Bundestag auf 630 vorsieht. Dabei handle es sich um ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren, bei dem die Innen- und Justizministerien sowie die Bundesländer umgangen worden seien. Dies werde zur Entwertung einzelner Wahlkreise führen und könne die Bildung einer bürgerlichen Regierung in Deutschland in Zukunft verhindern. In jedem Fall würden wir in Deutschland die Entstehung einer radikal neuen politischen Kultur erleben, die von Oppositionspolitikern als arroganter Ansatz zur Veränderung des politischen Systems gesehen werde. Mario Czaja, Generalsekretär der Christlich-Demokratischen Union (CDU), meinte: „Wenn das in Ungarn oder Polen passieren würde, würde die EU bereits ermitteln”.

Mit Blick auf die Medien und die Gesellschaft wies Bauer darauf hin, dass sich die Mainstream-Medien stark nach links verschoben hätten, infolgedessen aber auch neue konservative Medien entstanden seien, die einen Gegenpol darstellten. Das Entstehen einer neuen politischen Kultur habe also auch Prozesse auf gesellschaftlicher Ebene ausgelöst. Diese Trends seien jedoch nicht immer positiv. 44 % der deutschen Gesellschaft sähen das Recht auf freie Meinungsäußerung bedroht und hielten es für besser, vorsichtig zu sein, wo und gegenüber wem sie ihre Meinung frei äußern. Im Jahr 2011 seien es noch 24 % gewesen. Ein weiterer negativer Trend zeige, dass die deutsche Gesellschaft mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sei, wie z. B. dem Aufkommen der Ideologie des Woken, Genderfragen, angeblicher LGBTQ-Feindlichkeit, Kontaktschuld und dem Phänomen der Cancel Culture.

In der zweiten Hälfte seines Vortrags wies Bauer weiter darauf hin, dass Deutschland nicht nur mit den oben erwähnten gesellschaftlich bedingten Problemen zu kämpfen habe. Ganz allgemein stellten die Migrationskrise und die Auswirkungen der durch die Covid-19-Pandemie verursachten Krise nach wie vor ein großes Hindernis für das Funktionieren des Landes dar. Die sozialen Verwerfungen hätten sich vertieft, der öffentliche Diskurs habe sich verschlechtert, ebenso wie der tatsächliche Lebensstandard vieler Menschen.

Im letzten Teil des Vortrags stellte Bauer das politische System der Bundesrepublik Deutschland vor. Er erörterte die Bedeutung der Landtagswahlen, die Rolle der Landesparlamente, den Rahmen und die Möglichkeiten der Koalition als Regierungsform, die Regenbogenverhältnisse in Deutschland, die Opposition der Alternative für Deutschland (AfD) und den politischen Niedergang der Christlich Demokratischen Union (CDU). Außerdem sprach er über die Ursachen und Lehren aus dem Berliner Landtagswahlskandal und die Veränderungen im Verhältnis der Ministerpräsidenten zueinander.

Zum Abschluss des Vortrags wurden die jüngsten Umfrageergebnisse vorgestellt, die zeigten, dass es unter den Deutschen keinen Konsens über die Reaktion der Bundesregierung auf den russisch-ukrainischen Krieg gebe. Die jüngsten Umfragen zeigten auch, dass 60 % der Wähler für eine Oppositionspartei stimmen würden, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen stattfinden würden. Bauer wies darauf hin, dass wir uns, wenn dies in Ungarn der Fall wäre, höchstwahrscheinlich in einer Krisensituation befinden würden, aber es wichtig sei zu verstehen, dass wir über ein sehr unterschiedliches politisches System und eine andere Kultur in den beiden Ländern sprächen.

An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion über die aktuelle und künftige Situation in Deutschland an, bei der die Zuhörer die Möglichkeit hatten, dem Referenten Fragen zu stellen.