Am 15. Februar 2023 präsentierte das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit das Buch „Ein europäisches Gewissen“ von Prof. Dr. Michael Gehler und Dr. Marcus Gonschor, welches das Leben und den Werdegang von Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering – mit besonderem Fokus auf den Einfluss des Politikers auf den europäischen Integrationsprozess – beschreibt, vor einem Publikum von fast 120 Gästen im Rahmen einer abendlichen Buchvorstellung und Podiumsdiskussion vor.
Die Veranstaltung, an der Pöttering selbst sowie die zwei Autoren seiner Biografie teilnahmen, wurde von Zoltán Szalai, dem Generaldirektor des Mathias Corvinus Collegiums, eröffnet. Er betonte die Bedeutung des Dialogs und der Verständigung zwischen den Ländern und hob hervor, dass Veranstaltungen wie diese sie befördern würden. Es sei die Aufgabe des gesamten Mathis Corvinus Collegiums (MCC), junge Menschen darauf vorzubereiten, in einer internationalen Arena zu debattieren und Verständnis für unterschiedliche Standpunkte aufzubringen. Die anschließende Diskussion wurde von Bence Bauer, dem Direktor des Ungarisch-Deutschen Instituts für Europäische Zusammenarbeit, moderiert.
Die Autoren erklärten, ihr Hauptziel sei es gewesen, ein Buch zu schreiben, das Pötterings Arbeit würdige. Sie sagten, dass der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments in den letzten Jahren viele Anfragen zu seiner Arbeit, seinem Werdegang und seiner Rolle in der Christdemokratie erhalten habe, und dass eines der Ziele des Buches darin bestehe, diese Fragen zu beantworten und zu zeigen, wie christdemokratische Parteien zusammenarbeiten. Gonschor wies darauf hin, dass das Buch auch inhaltliche Elemente und Entscheidungsprozesse aufzeigen wolle, die in Pötterings Memoiren nicht genügend zur Geltung gekommen seien.
In Bezug auf Pötterings Biografie erläuterte er, dass seine politische Karriere auf seiner Familiengeschichte basiere, da sein Vater im Krieg 1945 an der deutsch-polnischen Grenze verschwunden sei und er im Folgenden sogar weitere Familienmitglieder verloren habe. Die Ereignisse seiner Jugend hätten ihn so geprägt, dass er damals beschlossen habe, sein Leben für die europäische Integration und die Politik, die Konrad Adenauer vorschwebte, einzusetzen. Die Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze im Jahr 1989, die schließlich zum Fall der Berliner Mauer führte, sei für ihn ebenfalls ein entscheidender Moment gewesen, da ihm klar geworden sei, dass der Kommunismus in Europa seine Bedeutung verloren hatte.
Bei den ersten Europawahlen im Jahr 1979 wurde Hans-Gert Pöttering im Alter von 35 Jahren in das Europäische Parlament gewählt. Im Rückblick auf seine Zeit im Europäischen Parlament betonte Pöttering, dass die damals in das Parlament gewählten Politiker ein gemeinsames Ziel verfolgt hätten: den Aufbau einer Wertegemeinschaft in der Region mit einer gemeinsamen europäischen Identität. Zur Partnerschaft zwischen der Europäischen Volkspartei und der Europäischen Demokratischen Union sagte der Politiker, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Fraktionen wichtig und notwendig sei, und dass die wichtigste Regel sei, dass Politik ein Mannschaftsspiel ist; denn wer es alleine versuche, würde scheitern.
Auf die Frage, was die deutsche Christdemokratie Europa gegeben hat und was sie zu Europa beiträgt, sowie ob man sich Europa ohne die Christdemokratie vorstellen könne, sagte Gonschor, dass es den Christdemokraten immer darum gegangen sei, wie man sich ausgehend von der europäischen Integration entlang der Werte der Christdemokratie weiterentwickeln könne. Gehler erinnerte in diesem Zusammenhang an die enge Zusammenarbeit zwischen deutschen und französischen Christdemokraten, die in Frankreich eine Zeit lang durch die MRP (Republikanische Volksbewegung) verkörpert wurden, die aber unter de Gaulle an Bedeutung verloren habe.
Im Rahmen ihres Besuchsprogramms trafen sich Prof. Dr. Michael Gehler und Dr. Marcus Gonschor mit Herrn Michael Winzer, dem Leiter des Auslandsbüros Budapest der Konrad-Adenauer-Stiftung, mit Frau Ibolya Hock-Englender, der Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, sowie mit den aktuellen deutschsprachigen Visiting fellows des Mathias Corvinus Collegiums. Des Weiteren besuchte Prof. Dr. Gehler gemeinsam mit Bence Bauer, dem Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts die Otto von Habsburg Stiftung, sowie Dr. Boglárka Koller, die Vizerektorin für Internationale Angelegenheiten der Nationalen Universität für öffentlichen Dienst. Dr. Marcus Gonschor führte währenddessen Gespräche mit Dr. János Setényi, dem Direktor des Instituts für Bildungsforschung am MCC, und István Antal, dem Leiter des Roma-Talentförderungsprogramms am MCC sowie mit Prof. Dr. András Balogh, dem Direktor des Instituts für Germanistik der Eötvös-Loránd Universität und Lehrstuhlinhaber für Deutsche Literatur und Kultur.
Hans-Gert Pöttering war von 1979 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments und von 2007 bis 2009 dessen Präsident. Von 1999 bis 2007 war er Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei und europäischer Demokraten. Prof. Dr. Michael Gehler ist Professor für Neuere Deutsche und Europäische Geschichte und Leiter des Instituts für Geschichte an der Universität Hildesheim, Dr. Marcus Gonschor ist Historiker und Seminarkonrektor des Studienseminars Hameln.