Am 8. Oktober 2023 richtete das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC) einen Wahlabend anlässlich der bedeutenden Landtagswahlen in Hessen und Bayern aus. Bauer Bence, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit, diskutierte und analysierte zusammen mit Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Professor für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der TU Chemnitz und Visiting Fellow am Deutsch-Ungarischen Institut, Prof. Dr. Werner J. Patzelt, Forschungsdirektor des MCC Brüssel sowie Dr. Tibor Pézsa, langjähriger Nachrichtenchef bei der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) in Kassel, die Landtagswahlen in Hessen und Bayern. Die Veranstaltung im Scruton Café wurde von rund 150 Personen besucht.

Bence Bauer begrüßte die Gäste und ließ die Ergebnisse und Folgen der letzten Landtagswahlen in Hessen und Bayern Revue passieren, anschließend stellte er die anwesenden Experten vor. Die Frage zu möglichen Auswirkungen der Landtagswahlen wurde von den Panelisten ähnlich eingeschätzt. Grundsätzlich wurden weder in Hessen noch in Bayern strukturelle Veränderungen erwartet; vor allem in Hessen wurde ein gutes Ergebnis für die CDU und die als bürgerlich auftretende Grünen erwartet.

Dr. Pézsa richtete in seiner Betrachtung der Landtagswahlen das Augenmerk primär auf die erwarteten landesweiten Auswirkungen. Im Wahlkampf steckten landespolitische Themen oftmals hinter bundespolitischen Überlegungen zurück und es zeichnete sich ab, dass diese Landtagswahlen von direkter symbolischer Bedeutung für die Parteidynamik auf Bundesebene sein werden. Prof. Patzelt vermutete, dass die Landtagswahlen aufzeigen würden, dass es in Deutschland eine nichtlinke, konservative Mehrheit gibt, die bisher jedoch nicht verlässlich in eine politische Mehrheit umgemünzt werden konnte. Zudem wurde das unterschiedliche regionale Wahlverhalten angesprochen. In diesem Rahmen wurde der Gegensatz zwischen Nord- und Südhessen als strukturschwache und strukturstarke Regionen thematisiert und die Frage aufgeworfen, inwieweit sich die AfD im traditionell sozialdemokratisch dominierten Nordhessen gegen die SPD wird durchsetzen können.

Wie vermutet brachten die Wahlergebnisse keine fundamentalen Veränderungen für die Regierungsparteien und die bisher amtierenden Regierungen wurden im Amt bestätigt. Signifikante Zugewinne konnte die CDU, mit 34,7 Prozent (+7,7%), in Hessen verzeichnen, wohingegen die Grünen mit 14,8 Prozent (-5,0%) verloren. Die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern in Bayern blieb stabil; die CSU verlor mit 37 Prozent (-0,2%) leicht, wohingegen sich die Freien Wähler auf 15,8 Prozent (+4,2%) verbessern konnten. Die FDP hingegen muss zu den klaren Verlierern der Wahl gezählt werden und schaffte mit 5,0 Prozent (-2,4%) nur knapp den Wiedereinzug in den hessischen Landtag; in Bayern werden die Freien Demokraten mit 3,0 Prozent (-2,1%) nichtmehr im Landtag vertreten sein. Ein klarer Gewinner der Wahl hingegen ist die AfD, die in beiden Landtagen Zugewinne verzeichnen konnte und mit einem Ergebnis von 18,5 Prozent (+5,3%) als zweitstärkste Kraft in Hessen und mit 14,6 Prozent (+4,4%) als drittstärkste Kraft in Bayern in den Landtag einziehen wird. Patzelt betonte, dass sich die AfD damit nun auch in den ersten westdeutschen Landtagen etablieren konnte und daher nichtmehr nur als ostdeutsches Phänomen oder „Problem“ bezeichnet werden kann; zudem sei die bisherige Strategie der etablierten Parteien, sich nicht inhaltlich mit den Positionen der AfD auseinanderzusetzen, gescheitert. Das vermutete Durchschlagen der Bundespolitik auf die Landesebene wurde ebenfalls bestätigt und der Negativtrend der Ampelkoalition auf Bundesebene setzte sich auch auf Landesebene fort. Die Parteien der Ampelkoalition kamen in Hessen nur noch auf 34,9 Prozent, nach zuvor 47 Prozent, und in Bayern auf 25,8 Prozent, ein Minus von 6,6 Prozent.

Im Anschluss an die Auswertung der Wahlergebnisse und der möglichen Regierungskoalitionen wurden die anwesenden Gäste zu einem Stehempfang mit bayrischen Spezialitäten eingeladen.