Andreas Rödder, Professor für Neuste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und gegenwärtig einer der renommiertesten Historiker der deutschen akademischen Landschaft sowie aktives CDU-Mitglied, veröffentlichte vor zwei Jahren das Buch „Konservativ 21.0: Eine Agenda für Deutschland“. Jetzt wurde vom MCC die ungarische Übersetzung vorgelegt. Vor diesem Hintergrund war Prof. Dr. Andreas Rödder vom 25. bis 28. Juli zu Gast beim Deutsch-Ungarischen Institut am MCC. Im Rahmen dieses Aufenthaltes veranstaltete das Institut zwei Buchpräsentationen, in Debrecen und in Budapest.

In Debrecen befindet sich das zweitgrößte Zentrum des bedeutendsten außeruniversitären Fachkollegiums Ungarns, dem MCC. Die MCC-Stiftung erwarb dort das prächtige Aranybika Hotel (Hotel zum Goldenen Bullen). Die Buchpräsentation vom 26.7., genau zwei Monate vor den Wahlen zum Deutschen Bundestag, kam einer Einweihung des jüngst erworbenen Gebäudes gleich. Zu Gast waren eine Vielzahl von wichtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie etwa Kanzleramtsminister Gergely Gulyás, der Generaldirektor des MCC, Zoltán Szalai, und der Bürgermeister der Stadt Debrecen, László Papp. Annähernd 100 Gäste wohnten der Veranstaltung bei, der prächtige Kuppelsaal war bis zum letzten Platz voll.    

István Bognár, der Leiter des MCC Debrecen, hielt die Eröffnungsrede, in der er die Zielsetzungen der Talentschmiede näher vorstellte – das MCC setze da an, wo die herkömmliche Bildung aufhöre. Nach dieser feierlichen Begrüßung stellte der Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts, Bence Bauer, das Werk von Prof. Andreas Rödder vor. Das Buch handelt von der Vernachlässigung des konservativen Elements in der CDU und von der Notwendigkeit des Neudefinierens eines bürgerlichen Programmes der Partei. Rödder erörtert, was eine moderne konservative Politik ausmacht, mit der Deutschland die großen Herausforderungen der Gegenwart erfolgreich meistern könnte, so dass die Menschen es vermögen, schlichtweg mit dem rasanten Wandel unserer Zeit mitzuhalten. Dieses, so kann man sagen, geheime Programm für die CDU, diskutierten anschließend Kanzleramtsminister Dr. Gergely Gulyás, Prof. Andreas Rödder und Dr. Szalai Zoltán, welcher die Moderation übernahm. Zur besonderen Ehre Herrn Rödders wurde die Diskussion auf Deutsch geführt.

Zunächst legte Rödder die Hintergründe zur Entstehung des Bandes dar, mit dem er den Meinungsstreit in Deutschland anfeuern wollte. Sehr schnell wurde das Podiumsgespräch dann auch konkret politisch. Szalai stellte Fragen an Herrn Rödder, der die deutsche Perspektive erläuterte, und an Herrn Gulyás, der dies von der ungarischen Seite beantwortete, was denn „konservativ“ überhaupt bedeute, was die eigentümlichen Charakteristika der beiden Länder diesbezüglich seien. Die Diskussionspartner fuhren alsdann mit der Analyse der Merkel-Ära und der Entwicklungen in der CDU fort, die, so Rödder, „nicht die Tellerwäscherin des Zeitgeistes sein dürfe“. Daraufhin wurde auch die wahrscheinliche Kanzlerschaft von Armin Laschet besprochen. Gulyás würde die Wahl Laschets begrüßen, der durch seine Fähigkeit zur Integration zur Verbesserung des deutsch-ungarischen Verhältnisses zentrale Beiträge leisten könne. Nicht nur die Innen- und Außenpolitik Deutschlands und Ungarns kam zur Sprache, sondern auch die europäische Zukunft und idealistische Konzepte wie die „ever closer union“ wurden von Rödder und Gulyás kritisch diskutiert.

Nach der Buchpräsentation eröffnete sich die Möglichkeit für Interviews, zudem signierte Prof. Rödder mehrere Exemplare des Bandes.  Hiernach wurde bei einem Empfang und bei einer Stadtführung der deutsch-ungarische Dialog informell fortgesetzt.

Bei der Veranstaltung in Budapest am Tage darauf trafen ebenso rund 100 Gäste bei der Hauptwache im Burgviertel ein, sodass kein Stuhl leer blieb. Die Eröffnungsrede hielt Michael Winzer, der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Ungarn, mit der die Veranstaltung gemeinsam organisiert wurde. Winzer, seit 2021 in seinem Amt, stellte die Person Rödders vor und würdigte seinen Beitrag zum deutsch-ungarischen Dialog. Darauffolgend fasste erneut Dr. Bence Bauer die wichtigsten Thesen des Buches zusammen und übergab das Wort den Diskutierenden. Diesmal war Dr. Balázs Orbán, parlamentarischer Staatssekretär und Kuratoriumsvorsitzender der MCC-Stiftung, der Gesprächspartner von Andreas Rödder; die Moderation übernahm abermals der Generaldirektor des MCC, Dr. Zoltán Szalai.

Zum Auftakt der Diskussion wurde über die Polarisierung der Gesellschaften der beiden Länder und der Vorstellungen der politischen Rechten und Linken, wie man Europa zu Erfolg verhelfen kann, debattiert. Hierbei beurteilten Rödder und Orbán die Rolle der Nationalstaaten, die unterschiedlichen politische Kulturen in Ungarn und Deutschland, und klärten auch Fragen zur Bedeutung des Christentums in den Staatskonzepten. Orbán betonte, dass, trotz der augenblicklichen Verstimmungen auf dem deutsch-ungarischen bilateralen Parkett, die tausendjährigen freundschaftlichen Beziehungen einer „guten Ehe“ entsprächen, „mit ab und zu hektischen Zeiten“. Gegen Ende der Veranstaltung wurde Rödder des Weiteren zum von ihm mitbegründeten „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ befragt, das sich als eine Initiative gegen die „cancel culture“ versteht.

Im Anschluss erreichten mehrere Fragen aus dem Publikum die beiden Diskussionspartner, unter anderem erkundigte man sich nach Prof. Rödders Wunschkoalition infolge der Wahlen, nach der Rolle der Jugend in Ungarn und Deutschland sowie nach der Willkommenskultur und Migrationspolitik.

Darauf bot sich die Gelegenheit zur Signierung des Buches; im Rahmen des anschließenden Empfanges wurde weiterhin konstruktiv diskutiert.

Im Zuge seines Aufenthaltes besuchte Prof. Dr. Andreas Rödder zahlreiche Institutionen, tauschte sich mit wichtigen Persönlichkeiten des deutsch-ungarischen politischen, akademischen und öffentlichen Lebens aus und traf sich mit den jetzigen und ehemaligen Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung. Dabei entstanden mehrere Interviews und Medienbeiträge sowie Möglichkeiten der vertieften Kooperation in der Zukunft.