Prof. Dr. Zsolt K. Lengyel, Visiting Fellow am Deutsch-Ungarischen Institut und Direktor des Ungarischen Instituts der Universität Regensburg, hielt zwischen dem 9. und 11. März 2022 ein dreitägiges Seminar für die Studenten des MCC-Zentrums im siebenbürgischen Klausenburg (Cluj-Napoca/Kolozsvár) ab. Gegenstand des Kurses war die kultur- und ideengeschichtliche Entstehung des frühen „Transylvanismus“, einer Bewegung, die insbesondere in der Zwischenkriegszeit zur Solidarität unter den Völkern Siebenbürgens aufrief und sich für eine Autonomie der Region aussprach. Professor Lengyel, gebürtiger Klausenburger, wurde von den sieben am Kurs teilnehmenden Studenten mit großem Interesse empfangen. Sie stellten an allen drei Tagen viele Fragen, wobei vor allem Parallelen zur Gegenwart ihre Neugier erregten.

Lengyel, der von unseren Kollegen Tünde Darkó und Martin Böhm begleitet wurde, nahm an einer Reihe von Programmen teil und traf sich mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kultur, die der ungarischen Minderheit der Stadt angehören.  Am Mittwoch, den 9. März, führte Professor Lengyel ein Gespräch mit Gyula Szép, dem Direktor der Staatlichen Ungarischen Oper zu Klausenburg. Die Oper ist neben der in Budapest die einzige ungarische Oper der Welt und überregional bekannt. Nach dem Besuch traf sich Lengyel mit dem Historiker Attila Hunyadi, der Lengyel über die Möglichkeiten für geschichtsinteressierte ungarische Studenten an den Hochschulen in Klausenburg informierte. Das Programm wurde mit einem Besuch des Friedhofs von Házsongárd fortgesetzt, wo eine Vielzahl bedeutender Grabstätten zu finden ist.

Am Donnerstag führte der akademische Direktor des MCC in Klausenburg, András Bethlendi, die Besuchergruppe durch das historische Stadtzentrum, und erörterte die verschiedenen geschichtlichen Narrative von Ungarn und Rumänen, die sich auch anhand von Gedenktafeln, Straßenschildern und Repräsentativbauten zeigen. Markantes Beispiel hierfür sind die Plaketten am Geburtshaus von König Matthias Corvinus, dem Namensgeber des MCC, der mitunter als größter ungarischer König gilt. Gheorghe Funar hingegen, der ehemalige nationalistische Bürgermeister von Klausenburg, ließ eine Tafel anbringen, auf der Matthias Corvinus als „Rumäne“ tituliert wird. Bethlendi und Lengyel betonten, dass dieser zwar rumänische Vorfahren habe, jedoch könne man die nationalen Kategorien von heute nicht in das Mittelalter projizieren. 

Am letzten Tag seines Aufenthaltes besuchte Professor Zsolt Lengyel das Haus der Religionsfreiheit, dessen Eigentümerin die unitarische Kirche ist. Die Geschichte und die Umgestaltung des ursprünglich im 14. Jahrhundert errichteten Gebäudes wurde von dem Architekten Árpád Furu vorgestellt, der an den Restaurierungsarbeiten maßgeblich mitwirkte. 2018 übergeben ist das Gebäude heute Ort für Konferenzen, Workshops und Ausstellungen und verfügt über Gästezimmer. Das angegliederte Bistro 1568 erinnert an das Jahr, in dem (als erstes in Europa) die Verkündung der Religionsfreiheit in Siebenbürgen erfolgte. Nach der Besichtigung des Gebäudes kam Professor Lengyel mit der Journalistin Éva Zay und dem Redakteur des Klausenburger Radios Márton Varga-Mihály zusammen, mit denen er ein ausführliches Gespräch über das Leben des siebenbürgischen Adligen Miklós Bánffy und seiner Nachfahren führte.