Auch in der zweiten Woche der landesweiten Veranstaltungsreihe des Deutsch-Ungarischen Institutes besuchten die Visiting Fellows die verschiedenen regionalen Bildungszentren des Mathias Corvinus Collegiums. Vor Ort diskutieren Sie gemeinsam mit dem Publikum die zahlreichen Aspekte der Wahlen und der deutsch-ungarischen Beziehungen. Jene Veranstaltungen wurden umrahmt von Auftritten der Professoren bei örtlichen Medien und Zusammenkünften mit Personen aus Politik und Zeitgeschehen.

 

Debrecen – 11. Oktober 2021

Zum Auftakt der zweiten Woche der Wahltournee besuchten Visiting Fellow Prof. Dr. Werner J. Patzelt und Institutsdirektor Dr. Bence Bauer den MCC-Ableger im ostungarischen Debrecen. Im Mittelpunkt des Aufenthaltes stand eine Podiumsdiskussion, die im prächtigen Festsaal des Aranybika-Hotels veranstaltet wurde, und bei der über das Erbe Angela Merkels und der politischen Lage in der Bundesrepublik nach den Wahlen debattiert wurde. Vor der Veranstaltung begaben sich Patzelt und Bauer zur Universität Debrecen, wo sie mit Dr. Péter Csatár, stv. Dekan für strategische Fragen, Dr. Andréa Horváth, stv. Direktorin des Germanistischen Instituts sowie mit Dr. László Levente Balogh, Dozent für Politikwissenschaften und Soziologie, zusammentrafen. Nach konstruktiven Gesprächen wurde die Österreich-Bibliothek der Universität Debrecen begutachtet, wo auch Werke Herrn Prof. Patzelts im Bestand geführt werden.

Vor dem Beginn des Panelgesprächs begrüßte der Leiter des MCC-Debrecen, István Bognár, die Gäste und fasste die Wahlergebnisse zusammen. Hiernach moderierte Dr. Andrea Horváth die Diskussion, welche von Balogh, Patzelt und Bauer geführt wurde. Auf die Frage nach der Bewertung des Erbes der Kanzlerin äußerte Patzelt dahingehend Kritik, dass Merkel sich nicht um einen Nachfolger gekümmert hätte und ihre Politik als alternativlos darstellte. Merkels Anspruch war es zudem, stets den Rückenwind der Medien hinter sich zu haben, weshalb sie fortwährend einen Regierungsstil betrieb, der sich an Meinungsumfragen orientierte – dabei vernachlässigte sie die konservative Klientel der CDU, so Patzelt.

Balogh betonte hingegen, dass Merkels Rolle als Krisenmanagerin Respekt verdiene: Sie wird auch als Kanzlerin der Stabilität im Bewusstsein der Deutschen erhalten bleiben. Im Lichte des Gesagten erklärte anschließend Bauer dem ungarischen Publikum die Polarisierung innerhalb des deutschen politischen Systems und beschrieb die Herausforderungen hinsichtlich der Koalitionsverhandlungen. 

 

Klausenburg – 12. Oktober 2021 

Der Besuch von Prof. Dr. Werner J. Patzelt im siebenbürgischen Klausenburg, wo das MCC ein Bildungszentrum unterhält, musste der epidemiologischen Beschränkungen wegen leider abgesagt werden, weshalb die Veranstaltung im Online-Format über Zoom abgehalten wurde. Demnach wurden die Referenten und Zuhörer aus mehreren Orten zugeschaltet: Klausenburg wurde vom Leiter des dortigen MCC-Ablegers Botond Talpas sowie von den Studenten der Talentschmiede vertreten, in Budapest loggte sich Professor Patzelt sowie Institutsleiter Bence Bauer ein, in Brüssel trat Loránd Vincze, der Europaabgeordnete der ungarischen Minderheitenpartei Rumäniens (RMDSZ), der Online-Konferenz bei.

Die anschließende Diskussion startete mit einer Analyse des Erbes der 16-jährigen Kanzlerschaft von Angela Merkel und setzte mit einer Vorstellung der verschiedenen Wahlprogramme der Parteien fort, die Prof. Patzelt in den aktuellen Kontext einebnete. Das Wort fiel auf die Grünen, die sich des Rückenwindes der Medien für eine geraume Zeit lang sicher sein konnten, und auch auf die Unionsparteien, welche zahlreiche Fehler hinsichtlich der Mobilisierung der potenziellen Wählerschaft einzuräumen hätten. Ebenso erörterten die Diskutanten die Person Armin Laschets, dessen Wahlkampf von kommunikativen Mängeln durchzogen war. Patzelt teilte hiernach den Zuhörern die Szenarien möglicher Koalitionen mit, stellte aber zugleich klar, dass sich am wahrscheinlichsten eine von der SPD geführte Regierung bilden wird.

Loránd Vincze betonte, dass aus einer ungarischen Sicht heraus die CDU trotz des Wahlergebnisses weiterhin ein starker Partner bleibt, und unterstrich deren konstruktive Rolle in der Europäischen Volkspartei. Die Frage stellt sich nun, so Vincze, welche Antworten eine neue deutsche Regierung auf die Herausforderungen auf europäischer Ebene geben wird.

Bence Bauer fügte hinzu, dass der Bundestag zum ersten Mal in seiner Geschichte acht Parteien zählen wird, da auch ein Abgeordneter des Süd-Schleswiger Wählerverbands in das Parlament eingezogen ist. Loránd Vincze, der der Vorsitzende der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen ist, äußerte sein Wohlwillen gegenüber dem Einzug des dänisch-deutschen Minderheitenvertreters und hofft, dass der Schutz autochthoner Minderheiten auf europäischer Ebene fortan mehr Gehör findet.        

Im Anschluss ergaben sich zahlreiche Fragen vonseiten der studentischen Zuhörerschaft.

 

Szekszárd – 13. Oktober 2021

Prof. Dr. Holm Putzke, Professor für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Passau und Visiting Fellow am MCC, besuchte das südungarische Szekszárd, wo er am dortigen MCC Bildungszentrum einen Vortrag über die Wahlergebnisse in Deutschland hielt. Die Veranstaltung wurde vom Leiter des Szekszárder Bildungszentrums, Máté Böröcz, eröffnet. Hiernach folgte eine Podiumsdiskussion, die der Kommunikationsdirektor des MCC, Krisztián Erdei, moderierte. Etwa 40 Gäste waren gekommen, darunter auch Rezső Ács, der Bürgermeister der Stadt.

Zu Beginn analysierte Putzke die laufenden Koalitionsverhandlungen, bevor er Angela Merkels politisches Vermächtnis näher beleuchtete. Im Anschluss versuchte er dem Publikum Erklärungsansätze für die Wahlniederlage der Unionsparteien zu bieten. Nach Ende der etwa einstündigen Podiumsdiskussion folgte eine Fragerunde.

Im Rahmen seines Aufenthaltes konnte Professor Putzke die ungarische Kultur und Geschichte näher kennenlernen. Attila Berlinger, Direktor des Babits Mihály Kulturzentrums, führte Herrn Putzke durch die Stadt; hiernach konnte der Strafrechtler, Anwalt und CSU-Politiker hinter die Kulissen der Deutschen Bühne Szekszárd blicken, wo er von Katalin Lotz, der Leiterin des deutschsprachigen Theaters, empfangen wurde. Auf das Kulturprogramm folgte ein Besuch bei der Weinkellerei Schieber – die Region Szekszárd ist einer der bedeutendsten Weinanbaugebiete Ungarns. Markus Schieber, der Eigentümer des Weingutes, gewährte dem Professor Einblicke in die Besonderheiten des Herstellungsprozesses. Überdies traf Putzke mit Róbert Lemle zusammen, dem Geschäftsführer des Unternehmens Spinner Hungária Kft., wodurch der Professor die lokale Industrie noch besser kennenlernte. Anschließend stattete Holm Putzke den Repräsentanten der Szekszárder Ungarndeutschen einen Besuch ab, wo der Austausch vertieft wurde.

Die Veranstaltungsreihe wird ab dem 19. Oktober an folgenden Orten fortgesetzt – für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Homepage des jeweiligen lokalen MCC Bildungszentrums.

 

  • Szeged: 19. Oktober, Dienstag
  • Szombathely: 19. Oktober, Dienstag
  • Békéscsaba: 20. Oktober, Mittwoch
  • Győr: 20. Oktober, Mittwoch