Das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium und die Deutsch-Ungarische Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V. veranstalteten vom 6. bis zum 10. August zum zweiten Mal das Deutsch-Ungarische Summercamp im Cholnoky Jenő Kinder- und Jugendhafen und Studentenlager des Mathias Corvinus Collegium in Révfülöp.
Der Balaton war schon vor 1989 ein wichtiger Begegnungsort in der Geschichte der deutsch-ungarischen Beziehungen. Die Ostdeutschen, die ihre westdeutschen Verwandten sehen wollten, verabredeten sich gerne zum Urlaub am Balaton. Die DDR-Touristen entdeckten den Balaton als beliebten Urlaubsort gegen Ende der 1960-er Jahre, nach dem Bau der Berliner Mauer. Heutzutage sind es vor allem deutsche Rentner, die sich gerne ein Ferienhaus am Balaton kaufen um Zeit in Ungarn zu verbringen.
Beim diesjährigen Sommercamp nahmen 22 junge Deutsche und Ungarn teil, die sich für die Zukunft beider Länder interessieren. Im Rahmen des Programmes gab es viel Zeit und Raum für das gegenseitige Kennenlernen, Zuhören und vor allem für Diskussionen über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, was die europäische Zusammenarbeit, Rechte, Pflichten und Verantwortungen betrifft. Ziel des Summercamps ist es, den deutschen Teilnehmern Einblick hinter die Fassade der negativen Schlagzeilen über Ungarn zu ermöglichen und im Gegenzug den Ungarn zu zeigen, wie die Situation aus deutscher Sicht in Deutschland. Neben dem fachlichen Wissenstransfers stand vor allem im Mittelpunkt, Kontakte zu knüpfen und sich Gedanken zu machen über eine gemeinsame Zukunft, ein gemeinsames Europa, welches nicht nur aus Brüssel sondern auch vom Balaton aus gestaltet werden könnte.
Unser Camp begann am Sonntag mit der Podiumsdiskussion „Deutsch-Ungarische Beziehungen, gemeinsame und unterschiedliche Verantwortungen für Europa“, derer Teilnehmer Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Institutes, Csaba Hende, Vizepräsident der Ungarischen Nationalversammlung und Dr. Gerhard Papke, Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V. waren. Nach diesem inhaltsbezogenen Auftakt, nahmen die Teilnehmer an einem ungarndeutschen Tanzhaus teil, geleitet von Mira Gölcz, Schulleiterin der Deutschen Nationalitätenschule Budakeszi.
Am 7. August begann unser Tag mit einem Vortrag von Jakov Devcic, Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Serbien und Montenegro. Herr Devcic präsentierte die Herausforderungen der EU Erweiterungspolitik und betonte, dass die Ziele in diesem Politikfeld von mehreren Faktoren abhängen. Dannach hatten die Teilnehmer die Möglichkeit an einem Journalistenworkshop teilzunehmen, geleitet von Ágnes Horváth, Redakteurin und Journalistin bei MTVA und Mátyás Kohán, Journalist bei Mandiner. Im Rahmen des Workshops bekamen die Studenten die Aufgabe, aus einer Botschaft entsprechende Nachrichten zu formulieren, entlang verschiedener deutschen Mediendienstanbieter. Am Nachmittag folgte ein Vortrag und eine Diskussion mit Dr. Ágoston Mráz, Direktor des Meinungsforschungsinstituts Nézőpont und Dr. Gerhard Papke zum Thema „Was denken die Ungarn? Wirtschaft, Familie, Migration“, moderiert von Bence Bauer.
Am 8. August begann unser Tag mit einem Ausflug auf den Tóti Berg und einem Workshop gehalten von Sofia van der Vegt, Geschäftsführerin Ungarn der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V. Die Teilnehmer simulierten ein Treffen des Europäischen Rates im Jahre 2033, bei dem Energiewirtschaft und innere und äussere Sicherheit die wichtigsten Themen waren, welche rückblickend beleuchtet wurden. Am Nachmittag war Dr. Katalin Gajdos-Frank, Direktorin des Jakob Bleyer Heimatmuseums Budaörs unser Gast, die über die Lage der Minderheiten in Ungarn referierte, mit Schwerpunkt auf die deutsche Minderheit in Ungarn. Danach erfuhren die Teilnehmer alle wichtige Informationen über die Blaudrucker Technik, womit damals die Volkstracht der Ungarndeutschen geschmückt war und hatten die Möglichkeit selbst Stofftaschen mit Blaudrucktechnik zu verzieren.
Am 9. August präsentierte Bence Kocsev, Mitarbeiter der Sammlung der Otto von Habsburg Stifung die Arbeit der Stiftung und das Erbe Otto von Habsburgs mit Bezug auf Netzwerke und Netzwerkbildung. Danach hielt Mátyás Ökrös einen Vortrag über die Arbeit im Europäischen Parlament von der Perspektive eines ungarischen Abgeordneten. Am Nachmittag schlossen wir unser Camp ab mit einer Feedback-Runde und eine Zusammenfassung.
Da man die deutsch-ungarischen Beziehungen ohne dem europäischen Kontextes nicht unter die Lupe nehmen kann, wurde in diesen Tagen relativ viel über die Zukunft der Europäischen Union diskutiert, auch mit Bezug auf die Aussichten der Europäischen Parlamentswahlen und hinsichtlich der Erweiterungspolitik.
Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit ihre Gedanken auszutauschen und allen Referenten Fragen zu stellen. Von Volleyball, über Segeln und Stand-up paddel kam auch die Freizeit nicht zu kurz und das gemütliche Besammensein am Abend mit Karaoke und Tanzen war natürlich auch ein Muss.
Wir danken den Mitarbeitern des Hafens und des Restaurants Scruton für die tolle Zeit, die wir in Revfülöp verbringen konnten und freuen uns auf ein Wiedersehen im Sommer 2024 am gleichen Ort!