„Viele in Deutschland wissen zu wenig über Ungarn, aber es gibt auch viele, die gar nicht mehr wissen wollen, weil sie bereits feste Vorstellungen haben.“, so die prägenden Worte von Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit, dessen Buch ‚Ungarn ist anders‘, am 21. Oktober 2024, am Mathias Corvinus Collegium in Zalaegerszeg vorgestellt wurde. Drängende Fragen wie, „Was hat es tatsächlich mit dem vielumstrittenen ungarischen Wahlrecht auf sich? Wie lässt sich Ungarns eigenwilliger Freiheitsdrang erklären? Was kann Mitteleuropa zur europäischen Familie beitragen?“ und „Wieso ziehen immer mehr Deutsche nach Ungarn?“ bildeten den Rahmen der Präsentation, die durch eine ausführliche Podiumsdiskussion mit Werner Patzelt, Politikwissenschaftler, engagiertem Verfechter der ‚Wahrheit‘ und Forschungsleiter des MCC Brüssel, bereichert wurde. Eine Vielzahl von Teilnehmern besuchte die Veranstaltung, die tiefgehende Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Themen bot, welche das deutsch-ungarische Verhältnis prägen. Der Abend wurde von Jan Mainka, dem seit 1988 in Ungarn lebenden Journalisten und Herausgeber der Budapester Zeitung, moderiert. Als Gastgeberin fungierte Zsófia Sali, Leiterin des Bildungszentrums MCC Zalaegerszeg.
Bence Bauer gründete das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit im Jahr 2020 mit dem Ziel den Dialog zwischen Deutschland und Ungarn zu fördern und Missverständnisse zwischen beide Ländern abzubauen: „Es ist wichtig, möglichst viele Menschen zu erreichen, auch außerhalb der politischen Foren. Persönliche Bekanntschaften und Vertrauen sind der Schlüssel.“, so Bauer. Aus diesem Anlass heraus und als Ergänzung zur Arbeit seines Institutes verfasste Bauer einen Band mit Beiträgen zur deutsch-ungarischen Verständigung. Sein Werk soll Einsichten in prägende politische, historische und kulturelle Aspekte der deutsch-ungarischen Beziehungen in Form gesammelter Essays aus den ersten drei Jahren Budapester Institutsgeschichte bieten.
Bence Bauer besorgt die negative Wahrnehmung Ungarns in westlichen Medien, die vor allem seit dem Regierungswechsel zur Fidesz-Partei entstanden sei: „Ungarn war ein großer Liebling der deutschen Medien, als hier die Sozialisten regiert haben. Als dann die Fidesz-Regierung tiefgreifende Reformen einleitete, hat sich das geändert.“ Diese Reformen, die im Westen oft als Bruch mit liberalen Werten gesehen werden, stoßen dort auf emotionalen und ideologischen Widerstand. Bauer betonte jedoch, dass sie in Ungarn breite Unterstützung finden und in erster Linie die nationale Souveränität stärken sollen – was im Westen oft fälschlicherweise als Abkehr von europäischen Werten interpretiert wird. Dabei soll gerade durch die zunehmende Polarisierung in Europa, insbesondere in Deutschland, Ungarn oftmals als Alternative zur eigenen Regierungspolitik angesehen werden, insbesondere in Fragen der nationalen Souveränität und des gesellschaftlichen Lebens.
Werner Patzelt knüpfte an Bauers Ausführungen an und hob die Bedeutung der Wirklichkeit als Maßstab für politische Entscheidungen hervor. Als Politikwissenschaftler und Verfasser des Buches „Ungarn verstehen“, in dem er die ‚Anatomie der ungarischen Gesellschaft‘ ausführlich analysiert, erklärte Patzelt, dass die ungarische Politik in vielen Bereichen, wie etwa der Migrationspolitik, der Realität entspreche, während andere Länder weiterhin an ideologisch geprägten Konzepten festhielten: „Der beste Verbündete der ungarischen Politik ist die Wirklichkeit. Die Zeit wird zeigen, welche politischen Ansätze richtig waren – und Ungarn hat in der Migrationsfrage bereits Recht behalten.“ Patzelt betonte, dass viele der Kritiker Ungarns nicht bereit seien, die ungarische Position zu verstehen, da sie fest in ideologischen Denkmustern verhaftet seien.