Zwischen dem 27. und 29. Juli war das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium mit seinem interaktiven Stand auf dem diesjährigen MCC Feszt 2023 vertreten. Am Freitag, den 28. Juli fand in diesem Zusammenhang die englischsprachige Podiumsdiskussion „Germany from first hand: migration, society, politics“ mit Prof. Dr. Oliver W. Lembcke, Professor für Politikwissenschaft an der Ruhr Universität Bochum, Prof. Dr. Susanne Schröter, Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Prof. Dr. Michael Sommer, Professor für Alte Geschichte an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Dr. Avraham Weber, Dozent der CUNY Brooklyn College, statt. Die Veranstaltung wurde von Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit, moderiert.

Schröter ging in ihrem einleitenden Vortrag auf die Prinzipien der in Deutschland vorherrschenden Kulturpolitik und politischen Ideologie ein. Erstens sei die deutsche Politik so stark, dass sie sich nicht nur für ihr eigenes Land, sondern die ganze Welt zuständig und verantwortlich fühlen würde. Zweitens sei eine große Transformation im Gange, welche zugunsten der Identitätspolitik, der Minderheitenpolitik und der Klimapolitik, zum Schrumpfen der deutschen Wirtschaft beitrage. Drittens sei Deutschland mit seiner Migrationspolitik isoliert in der EU und nehme eine radikale Position ein, die Migrationskontrolle als Verletzung von Menschenrechten betrachte, was zu Integrationsproblemen geführt hätte. Viele Migranten würden in Arbeitslosigkeit leben und die Sozialsysteme belasten, da Arbeit als freiwillige Entscheidung aufgefasst würde.

In der anschließenden Podiumsdiskussion sprach Schröter über die fortlaufende Debatte innerhalb der deutschen Gesellschaft über die Migrationskrise, Wertekonflikte mit dem Islam, Parallelgesellschaften und Segregation sowie der mangelhaften Abschiebung gesetzlich ausreisepflichtiger Migranten.

Sommer kritisierte den toxischen Diskurs, der eine ernsthafte Auseinandersetzung über das Thema Migration verhindere. Gleichzeitig trage dieser zur Stärkung der AfD bei, um die alle anderen Parteien versuchten eine Brandmauer zu errichten. Es sei sehr schwer in Deutschland eine Handlungsfähigkeit anderer Parteien als der linken zu erreichen. Sommer äußerte sich jedoch explizit positiv über den Ausblick für die Zukunft Deutschlands, da es eine starke, robuste demokratische Gesellschaft sei.

Lembcke erläuterte zwei Trends im Parteiensystem: Die wachsende Polarisierung der politischen Parteien sowie die Fragmentierung des Parteiensystems. Die Parteien hätten keine Antworten mehr für die Mehrheit der Leute in den Meinungsumfragen. Die Regierungskoalitionen würden zwar mathematisch Mehrheiten garantieren, jedoch ideologisch aufgrund ihrer widersprüchlichen Zusammensetzungen das Vertrauen der Wähler verlieren.

Weber betonte, dass Deutschland seine Krise überwinden werde, jedoch müsse es mit seiner Vergangenheit abschließen und sein nationales geschichtliches Trauma überwinden. Die Vergangenheit dürfe kein Grund sein, über aktuelle Probleme nicht offen zu sprechen. Auch Antisemitismus vonseiten der Migranten kam zur Sprache.

Die weitere Debatte drehte sich um die Möglichkeiten der Integration. So müsse man den Migranten kulturelle Angebote machen, die ihnen ein positives, kein negatives Bild von Deutschland vermittelten. Weber betonte weiterhin, dass man in Deutschland sein geopolitisches Bewusstsein erst mit dem russisch-ukrainischen Krieg wiedergefunden habe. Deutschland brauche einen strategischen Ausblick für die kommenden 15 Jahre und ein Konzept für den Umgang mit illegaler Immigration.

Abschließend sprach Lembcke über die Christdemokraten. Diese hätten ihre Identität verloren. Es mangele ihnen an politischem jungen Personal, um die Grünen in den Städten herauszufordern und die jungen, akademisch gebildeten Wähler anzusprechen. Gleichzeitig hätten sie kein Angebot mehr für die traditionellen konservativen Wähler. So gewännen sie aktuell trotz ihrer Rolle in der Opposition kaum an Wählerstimmen hinzu. Deutschland sei im Ostem immer noch von einem tiefen Post-DDR-Trauma geprägt. Diese Repräsentationslücken begünstigten die AfD.

Die Podiumsdiskussion vor etwa 60 Leuten wurde mit den Fragen des Publikums und einer lebhaften Diskussion abgeschlossen.